Tz. 1

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird immer wieder die Gemeinnützigkeitsfähigkeit der öffentlichen Hand diskutiert. Dass die öffentliche Hand zumindest in Teilbereichen gemeinnützig tätig ist, zeigen zahlreiche Betätigungen in gemeinnützigen Strukturen. Man denke beispielsweise an städtische Theater und Museen, aber auch z. B. an die Betätigung der Kommunen als Träger von Krankenhäusern und Heimen oder anderen Einrichtungen.

Im Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission zum Gemeinnützigkeitsrecht heißt es, dass die Grundlage des Gemeinnützigkeitsrechts darin bestehe, mit der Gewährung von Steuerbegünstigungen einen Anreiz für private Körperschaften zu schaffen, sich selbstlos und ausschließlich gemeinwohlorientierten Themen anzunehmen und damit den Staat und das Gemeinwesen bei der Erfüllung finanzwirksamer Aufgaben zu entlasten und zugleich den Gemeinsinn in der Bevölkerung zu mehren.

Daraus wurde teilweise in der Literatur geschlossen, dass die gemeinnützigkeitsabhängigen Steuervergünstigungen allein für private Körperschaften bestimmt seien; als Ausgleich dafür, dass sie sich freiwillig, selbstlos und ausschließlich gemeinwohlorientierten Aufgaben widmen. So hat die Literatur (s. Isensee, 1990, 33, 57ff.) daraus geschlossen, dass eine konstitutionelle Gemeinnützigkeitsunfähigkeit des Staates bestehe, da dieser das charakteristische Merkmal der Freiwilligkeit des Tuns für ein öffentliches Interesse nicht erfüllen könne. Mittlerweile hat sich jedoch die Meinung durchgesetzt, dass es darauf ankommt, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts nach ihrem Zweck steuerbegünstigte Zwecke verfolgt oder dies in Teilbereichen wahrnimmt.

 

Tz. 2

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Durchgesetzt hat sich aber die Auffassung, dass auf die Tätigkeit und damit auf den einzelnen Betrieb gewerblicher Art (BgA) der Körperschaft des öffentlichen Rechts abzustellen sei, da überwiegend nur einzelne Betätigungen die Kriterien des § 52 AO (s. Anhang 1b) erfüllen (Hey, StuW 2000, 467f.). Diese These hat sich durch die frühe Rechtsprechung des BFH bestätigt, indem dieser im Urteil vom 31.10.1984 (BStBl II 1995, 162) entschieden hat, dass ein Krankenhausbetrieb eines öffentlich-rechtlichen Trägers gemeinnützig sein kann und hierbei die Prüfung für jeden einzelnen BgA vorgenommen wird. In diese Richtung geht auch das Urteil des BFH vom 30.11.1995, BStBl II 1997, 189, in dem der BFH die Zweckbetriebseigenschaft einer Großforschungseinrichtung abgelehnt, die Gemeinnützigkeitsfähigkeit aber bestätigt hat.

Anhaltspunkte für diese Teilgemeinnützigkeitsfähigkeit der Körperschaft des öffentlichen Rechts finden sich auch in der Gesetzgebung. So regelt beispielsweise § 55 Abs. 3 AO (s. Anhang 1b), dass die Vorschriften, die die Mitglieder der Körperschaft betreffen, bei Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts für die Körperschaft sinngemäß gelten oder insbesondere § 51 AO (s. Anhang 1b), welcher ausführt, dass Gemeinnützigkeit nur Körperschaften i. S. d. § 1 KStG erlangen können, wobei § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG (s. Anhang 3) als Steuerpflichtigen nicht die Körperschaft des öffentlichen Rechts in ihrer Gesamtheit, sondern den einzelnen BgA nennt. Die AO belegt dies z. B. durch die Vorschrift des § 55 Abs. 3 AO (s. Anhang 2), die bestätigt, dass die Vorschriften, die die Mitglieder betreffen, auch beim BgA anzuwenden sind. Nicht zuletzt sieht die Mustersatzung zu § 60 AO (s. Anhang 2) auch Sondervorschriften für die BgA vor. So bestätigt mittlerweile auch von der Finanzverwaltung in AEAO zu § 51 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO (s. Anhang 2), wonach zu den begünstigten Körperschaften die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihren gemeinnützigen Betrieben gewerblicher Art gehören, nicht aber die juristische Person des öffentlichen Rechts als solche. Die Gemeinnützigkeitsfähigkeit des Betriebes gewerblicher Art ergibt sich bereits auch nach dem Sinn und Zweck der Besteuerung, da die Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art auf die steuerliche Gleichbehandlung zurückzuführen ist. Zusätzlich kann die öffentliche Hand aber auch genau deshalb ihre Betriebe gewerblicher Art freiwillig der Gemeinnützigkeit unterwerfen. Der Gedanke der Gleichbehandlung des Steuerrechts kann nämlich nicht nur für die Steuerbelastung, sondern muss auch für die Steuervergünstigung gelten.

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