Tz. 1

Stand: EL 121 – ET: 04/2021

Gemeinnützig ist nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO (Anhang 1b) die Förderung von Forschung und Wissenschaft. Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit ist, dass derartige Einrichtungen nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Unter Wissenschaft wird verstanden, wenn das Wissen systematisch gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und redigiert wird. Forschung hingegen ist die systematische Suche nach Neuem mit wissenschaftlichen Methoden. Kennzeichen ist eine wissenschaftliche Methodik, die die Auseinandersetzungen mit Gegenauffassungen sucht und die Ergebnisse in einem rationalen, nachvollziehbaren Prozess irrtumsoffen ermittelt und zur Überprüfung stellt. Die Tätigkeit muss von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar sein (BFH vom 30.03.1976, BStBl II 1976, 464). Nicht zu Wissenschaft und Forschung zählen Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter Erkenntnisse beschränken. Die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit ist dann gegeben, wenn der Verein selbst wissenschaftliche Veranstaltungen durchführt, außerdem bei Vereinen, die nur Forschungsaufträge erteilen oder die Durchführung von Forschungsvorhaben oder andere wissenschaftliche Arbeiten finanzieren, z. B. den Druck wissenschaftlicher Werke, die sonst nicht erschienen wären.

 

Tz. 2

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Bei Vereinigungen, die ihre Tätigkeit auf eine Gemeinschaftsforschung gerichtet haben, wird es oft an der geforderten Selbstlosigkeit mangeln, weil die Mitglieder an den Forschungsergebnissen oder an zu vergebenden Forschungsaufträgen wirtschaftlich interessiert sind (s. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, Anhang 1b). Der Umstand, dass diese Forschungsergebnisse letztlich auch der Allgemeinheit zugutekommen (mittelbar für sie von Nutzen sind), kann die Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienende Einrichtung nicht rechtfertigen.

 

Tz. 3

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Wird von Forschungseinrichtungen auch Auftragsforschung durchgeführt, sind die Einnahmen entweder einem Zweckbetrieb oder einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen. Die Auftragsforschung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Auftraggeber exklusive Verwertungsrechte vorbehält. Der BFH hat in seinem Urteil vom 30.11.1995 (BStBl II 1997, 189) die Auftragsforschung nicht näher definiert, sondern lediglich als Kriterium "Forschung gegen Entgelt" genannt und für diese die Förderung der Allgemeinheit verneint. Der Gesetzgeber hat durch die Regelung von § 68 Nr. 9 AO die Auftragsforschung unter bestimmten Voraussetzungen dem Zweckbetrieb zugeordnet (s. auch BFH-Urteil vom 07.03.2007, BStBl II 2007, 628 und s. BFH-Urteil vom 04.04.2007, BStBl II 2007, 631).

Voraussetzung der Anwendung von § 68 Nr. 9 AO ist, dass der Träger der Forschungseinrichtung sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder aus der Vermögensverwaltung finanziert. Zuwendungen von dritter Seite sind nur unentgeltliche Leistungen.

Die Einnahmen aus der Auftragsforschung sind keine Zuwendungen in diesem Sinne. Eine "überwiegende" Finanzierung bedeutet, dass die Einnahmen zu mehr als 50 % aus Quellen stammen müssen, die nicht Gegenleistung für Leistungen der Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sind (BFH vom 04.04.2007, a. a. O.). Ob in diesem Fall die Auftragsforschung in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erfassen ist oder die Steuerbefreiung insgesamt verloren geht, ist danach zu beurteilen, ob die Auftragsforschung der eigenen Forschung dient oder als eigenständiger Zweck verfolgt wird (s. BFH-Urteil vom 04.04.2007, BStBl II 2007, 631).

Forschungseinrichtungen, die ausschließlich Auftragsforschung für Unternehmen betreiben, sind nicht steuerbegünstigt.

 

Tz. 4

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Tätigkeiten, die für die Erfüllung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nicht notwendig sind oder die der Beschaffung von Mitteln für den steuerbegünstigten Bereich dienen, rechtfertigen dagegen nicht die Einordnung in einen Zweckbetrieb. Dazu gehören neben wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keinen Bezug zur Forschung haben (wie z. B. Kantinen etc.), auch Dienstleistungen wie Projektträgergesellschaften, Materialprüfungen, Verwaltungstätigkeiten für andere Forschungseinrichtungen und Blutalkoholuntersuchungen im Auftrag von Strafverfolgungsbehörden. Einnahmen aus derartigen Tätigkeiten sind dem Tätigkeitsbereich steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zuzuordnen.

 

Tz. 5

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Zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung von Forschungseinrichtungen des privaten Rechts (hier: Anwendung des § 68 Nr. 9 AO, Anhang 1b) s. OFD Frankfurt vom 16.06.2005 (DB 2005, 1659) und zuletzt FM Sachsen-Anhalt vom 02.04.2020 (DStR 2020, 1574). Danach ist es grundsätzlich möglich, dass Forschungseinrichtungen einen Teil ihrer Auftragsforschung auf eine steuerpflichtige Tochter-GmbH ausgliedern, um die Überwiegensgrenze des § 68 Nr. 9 AO (Anhang 1b) einzuhalten, ohne dass ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO (Anha...

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