1.3.2.1 Anwendung des § 11 UmwStG bei der Übertragerin

 

Tz. 16

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

Die Verschmelzung einer gGmbH auf eine andere gGmbH (bzw. gemeinnützige AG oder gemeinnützige Genossenschaft) fällt unter § 11 UmwStG (s. Neumayer/Schulz, DStR 1996, 872). Aus § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG einerseits und § 12 Abs. 5 Satz 1 UmwStG andererseits kann entnommen werden, dass die §§ 1113 UmwStG auch für steuerfreie Körperschaft gelten.

Im Einzelnen sind für die Anwendung des § 11 UmwStG bei der Übertragerin vier Fallgruppen denkbar, die aus der nachfolgenden Übersicht erkennbar sind. Dabei stellen die beiden ersten Fallgruppen Regelfälle, die beiden letzten Gruppen Ausnahmefälle dar.

 

Tz. 17

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

 
Übertragerin   Übernehmerin Wertansatz bei der Übertragerin

Fallgruppe 1

WG des steuerfreien Bereichs
bleiben WG des steuerfreien Bereichs Gemeiner Wert (§ 12 Abs. 1 UmwStG)

Fallgruppe 2

WG des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
bleiben WG des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Buchwert, gemeiner Wert, Zwischenwert (§ 11 Abs. 2 UmwStG)

Fallgruppe 3

WG eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
werden WG des steuerfreien Bereichs Gemeiner Wert (§ 11 Abs. 2 UmwStG)

Fallgruppe 4

WG des steuerfreien Bereichs
werden WG eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Gemeiner Wert (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG
 

Tz. 18

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

Es ergeben sich im Einzelnen folgende Auswirkungen:

  • Fallgruppe 1

    Die Übernehmerin ist zwar unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, aber nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (Anhang 3) persönlich von der KSt befreit, so dass die spätere Besteuerung mit KSt nicht sichergestellt ist. Dies bedeutet, dass das Wahlrecht, die übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen, wegen § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG nicht greift. D.h. in der Übertragungsbilanz müssen nach § 11 Abs. 1 UmwStG die gemeinen Werte angesetzt werden (s. UmwSt-Erl 2011, Rn 11.07).

 

Tz. 19

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

  • Fallgruppe 2

    In diesem Fall ist ein Buchwert-Ansatz möglich, da die spätere Sicherstellung der Besteuerung mit KSt infolge der Zugehörigkeit der WG zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gegeben ist (s. UmwSt-Erl 2011, Rn 11.07). Das Vermögen geht insoweit in den steuerpflichtigen Bereich über (s. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Geht das Vermögen anteilig in den steuerfreien Bereich und in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb über, ist m. E. teils der Buchwert und teils der gemeine Wert anzusetzen.

 

Tz. 20

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

  • Fallgruppe 3

    Für den Fall des Übergangs auf den steuerfreien Bereich (z. B. ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb wird steuerfreier Zweckbetrieb) erfolgt eigentlich nach § 13 Abs. 4 i. V. m. § 13 Abs. 5 KStG (Anhang 3) eine Bewertung des übergehenden BV mit dem Buchwert (sog. Buchwert-Privileg), während § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG zwingend den Ansatz des gemeinen Werts vorschreibt. Diese inhaltliche Diskrepanz ist m. E. zugunsten der Lex-specialis-Regelung im UmwStG zu lösen. Allerdings kann im Einzelfall die Anwendung des Buchwert-Ansatzes nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG (Anhang 10, Buchwert-Privileg) angesetzt werden. Dies ist jedoch von der Finanzverwaltung bislang bundeseinheitlich nicht abgestimmt. Es ist deshalb zu empfehlen, im Vorfeld Rechtssicherheit über eine verbindliche Auskunft zu erlangen.

 

Tz. 21

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

  • Fallgruppe 4

    Im "früheren" UmwStG (vor SEStEG) waren beim Vermögensübergang von einer steuerfreien auf eine steuerpflichtige Körperschaft die übergegangenen WG zwingend mit dem Teilwert anzusetzen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG a. F.). Im "geltenden" UmwStG findet sich hierzu keine Regelung. M.E. sind von der übertragenden Körperschaft in diesem Fall die gemeinen Werte anzusetzen, an die die übernehmende Körperschaft anknüpft (Wertverknüpfung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Dadurch wird erreicht, dass keine nachträgliche Besteuerung der bei der Übertragerin bisher bei ihr steuerfreien entstandenen stillen Reserven erfolgt (z. B. ein steuerfreier Zweckbetrieb wird wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb). Dies ist auch sachgerecht und entspricht inhaltlich § 13 Abs. 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 KStG (Anhang 3). Diese Vorschrift regelt für den Wechsel von der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht die Bewertung des BV mit dem Teilwert.

 

Tz. 22

Stand: EL 116 – ET: 04/2020

Praxishinweis: In allen vier Fallgruppen können Übertragungsgewinne entstehen:

  • Fallgruppe 1: beim Verbleiben der WG des steuerfreien Bereichs der Übertragerin im steuerfreien Bereich der Übernehmerin durch den Ansatz des gemeinen Werts,
  • Fallgruppe 2: beim Verbleiben der WG des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Übertragerin im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Übernehmerin durch den wahlweisen Ansatz von Zwischenwerten oder des gemeinen Werts;
  • Fallgruppe 3: beim "Sphärenwechsel", durch den WG des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Übertragerin in den steuerfreien Bereich der Übernehmerin gelangen, durch den dann erforderlichen ...

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