Tz. 1

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Steuerbescheide sind grundsätzlich sofort vollstreckbar. Das bedeutet, dass das Finanzamt – anders als jeder andere Gläubiger – nicht zunächst ein Urteil gegen den Steuerpflichtigen erwirken muss, aus dem es die in Rede stehende Steuerforderung eintreiben kann. Das Finanzamt schafft sich vielmehr selbst den eigenen vollstreckbaren Titel in Gestalt des Steuerbescheids. Es wird deshalb auch vom sog. Grundsatz der Selbsttitulierung gesprochen.

 

Tz. 2

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Der Steuerpflichtige wird sich, wenn er anderer Auffassung als das Finanzamt über die Entstehung oder über die Höhe der im Steuerbescheid festgesetzten Steuer ist, gegen den Steuerbescheid zur Wehr setzen. Im Falle eines Steuerbescheides muss er dies zunächst durch Einlegung eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid gem. § 357 AO (Anhang 1b) machen.

1.1 Begriff und Bedeutung

 

Tz. 3

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Das Steuerrecht sieht vor, dass den Rechtsmitteln keine "aufschiebende Wirkung zukommt", vgl. § 361 Abs. 1 AO (Anhang 1b). Demgegenüber kommt dem Rechtsmittel gegen einen Verwaltungsakt außerhalb des Steuerrechts – hier wird das Rechtsmittel nicht als Einspruch, sondern als Widerspruch bezeichnet – eine aufschiebende Wirkung zu, vgl. etwa § 80 VwGO.

Hinweis:

Die unterschiedlichen Gesetzesformulierungen geben diesen Unterschied zwischen dem Steuerrecht und dem (sonstigen) Verwaltungsrecht (z. B. Baurecht, Polizeirecht usw.) klar wieder: Im Steuerrecht formuliert das Verfahrensrecht für den Einspruch in § 361 AO (Anhang 1b): "Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts (…) nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten." Das Rechtsmittel des Einspruchs hat somit keine sog. aufschiebende Wirkung. Demgegenüber bestimmt § 80 Abs. 1 VwGO: "Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung".

 

Tz. 4

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Zunächst muss der Begriff der "aufschiebenden Wirkung" erläutert werden: Dieser umschreibt, dass aus einem Verwaltungsakt solange (noch) keine Konsequenzen gezogen werden dürfen, bis über das gegen den Verwaltungsakt gerichtete Rechtsmittel entschieden worden ist. D.h. für einen beispielhaften Verwaltungsakt, der den Abriss eines Gebäudes eines Bürgers (z. B. weil dieses entgegen der Baugenehmigung errichtet worden ist) verlangt (sog. Abrissverfügung), dass aus diesem solange nicht vollstreckt werden darf, bis über das durch den vom geforderten Abriss betroffenen Bürger gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsmittel (Widerspruch) entschieden wurde. Hierdurch soll das Schaffen vollendeter Tatsachen durch die Verwaltung während der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes verhindert werden. Es hätte katastrophale Folgen für den Bürger, wenn die Behörde zunächst aus einer (möglicherweise rechtswidrigen) Abrissverfügung vollstrecken könnte, d. h. das Gebäude abreißen lassen könnte und sich später im Rechtsbehelfsverfahren herausstellt, dass die Abrissverfügung rechtswidrig war. Dem Bürger würde diese Feststellung nicht mehr viel nutzen, wenn sein Gebäude bereits abgerissen worden ist. Er hätte lediglich Schadensersatzansprüche gegen die Behörde, die regelmäßig weniger "wert" sind als das Gebäude vor dem Abriss verschont zu haben.

 

Tz. 5

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Entsprechend sieht das Verwaltungsrecht vor, dass zunächst über sämtliche Rechtsmittel entschieden werden muss und erst danach eine Vollstreckung aus dem Verwaltungsakt möglich ist. Das Rechtsmittel schiebt also die Wirkung des Verwaltungsaktes bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel auf. Hierdurch wird verhindert, dass während des Anhängens eines Rechtsmittels bereits vollendete Tatsachen durch die Behörde geschaffen werden. Diese vollendeten Tatsachen können zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen führen, die im Zweifel nicht mehr geheilt werden können. Verkürzt wird von der "aufschiebenden Wirkung" eines Rechtsmittels gesprochen. Mit dieser "aufschiebenden Wirkung" geht zugleich die Aussetzung der Vollziehung einher. D.h. die mit dem Verwaltungsakt angeordneten Regelungswirkung kann (z. B. Zahlung der Steuern) nicht umgesetzt werden, d. h. ein Zahlungsanspruch kann nicht geltend gemacht werden.

 

Tz. 6

Stand: EL 113 – ET: 09/2019

Allerdings gilt dieser Grundsatz auch im Verwaltungsrecht nicht uneingeschränkt. So bestimmt das Gesetz, dass ein Rechtsmittel u. a. in den folgenden Situationen keine aufschiebende Wirkung hat:

  • bei Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
  • bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
  • in anderen durch Bundesgesetz oder für Landerecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, sowie
  • in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegt und von der Behörde, die den Verwaltungserlass oder über den Widerspruch ...

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