1. Allgemeines

 

Tz. 4

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Altmaterialsammlungen werden auf unterschiedliche Art und Weise durchgeführt: Häufig wird das Altmaterial durch Haustürsammlungen unmittelbar bei den Haushalten gesammelt, die Menschen können ihr Altmaterial aber auch bei zentralen Sammelstellen oder in Einwurfboxen/Sammelcontainern abgeben/einwerfen. Neben der unmittelbaren Sammlung und Verwertung durch die steuerbegünstigte (gemeinnützige) Organisation überlassen steuerbegünstigte Einrichtungen auch häufig lediglich die Nutzung ihres Namens/Logos durch kommerzielle Verwerter, welche dann unter Verwendung des Namens die Altmaterialsammlungen durchführen.

2. Altmaterialsammlungen als Zweckbetrieb

 

Tz. 5

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Die Verwertung von Altmaterial begründet immer dann einen Zweckbetrieb i. S. des § 66 AO (Anhang 1b), wenn der Verein die Wohlfahrtspflege als Satzungszweck hat und die Sammlung für diesen Zweck erfolgt. Auch müssen mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung an bedürftige Personen i. S. des § 53 AO (Anhang 1b) zugutekommen. Hierüber hat der Verein entsprechende Empfängernachweise zu führen. Fehlt es an den Empfängernachweisen, ist eine Anerkennung als Zweckbetrieb i. S. des § 66 AO (Anhang 1b) nicht möglich.

 

Tz. 6

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Auf Antrag kann sich jedoch eine Körperschaft, die eine Kleiderkammer betreibt, von der Nachweispflicht befreien lassen (§ 53 Nr. 2 Satz 8 AO; Anhang 1b). So kann auf eine Nachweisführung verzichtet werden, wenn aufgrund der Art der Unterstützungsleistungen typischerweise davon auszugehen ist, dass nur bedürftige Menschen unterstützt werden. Hiervon ist bei Kleiderkammern auszugehen (AEAO zu § 53 Tz. 12).

Ein weiteres Indiz für die Annahme eines Zweckbetriebs ist, dass die Abgabe der Altwaren in diesen Einrichtungen zu einem niedrigeren Preis als üblich erfolgt.

 

Tz. 7

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Soweit im Rahmen der Sammlung zugunsten einer steuerbegünstigten Kleiderkammer das für diesen Zweck unbrauchbare Altmaterial veräußert wird, ist dies für die Annahme eines Zweckbetriebs schädlich. D.h. die Tätigkeit ist insgesamt als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO; Anhang 1b) einzustufen. Hierbei ist es unerheblich, ob die Mittelbeschaffung der Haupt- oder Nebenzweck der Kleiderkammer ist (BFH vom 26.02.1992, I R 149/90, BStBl II 1992, 693).

 

Tz. 8

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Wenn eine Kleiderkammer die Voraussetzung des § 4 Nr. 18 UStG erfüllt, sind die daraus erzielten Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Ansonsten unterliegen diese dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UstG; Anhang 5).

3. Altmaterialsammlungen als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

 

Tz. 9

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Wird Altmaterial von vornherein mit dem Ziel gesammelt es zu veräußern, um Mittel für die steuerbegünstigte Tätigkeit zu beschaffen, wird damit ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO; Anhang 1b) begründet.

Jedoch wird auch mit der Verwertung des in einer Kleiderkammer nicht verwertbaren Altmaterials ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet. Die entsprechende Rechtsprechung des BFH (BFH vom 26.02.1992, BStBl II 1992, 693) wird von der Finanzverwaltung seit 1995 entsprechend umgesetzt (BMF vom 25.09.1995, I R 149/90, BStBl I 1995, 630).

 

Tz. 10

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Zu beachten ist dabei, dass das Sammeln und die Weiterveräußerung von Altmaterial eine einheitliche selbständige Tätigkeit i. S. des § 14 AO (Anhang 1b) bildet. Beides – Sammlung und Veräußerung – bedingen einander wirtschaftlich und sind damit untrennbare Bestandteile eines Geschäftsbetriebs im Sinne dieser Vorschriften. Erst die Ansammlung größerer Mengen und Einheiten von Altmaterial schafft die Voraussetzung für eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung und ermöglicht eine Weiterveräußerung an entsprechende Großabnehmer. Der steuerlichen Behandlung der Sammlung und Verwertung von Altmaterial als wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb steht auch nicht entgegen, dass die Haushalte der steuerbegünstigten Einrichtung das Altmaterial unentgeltlich überlassen. Denn auch bei der Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften ist jeweils zu prüfen, ob eine unentgeltliche Zuwendung durch die steuerbegünstigte Tätigkeit oder durch den Geschäftsbetrieb veranlasst ist. Die Unentgeltlichkeit als solche schließt jedenfalls die Veranlassung durch den steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb ebenso wenig aus wie die Tatsache, dass der zuwendende Haushalt die Finanzkraft der empfangenden Körperschaft stärken will. Der wirtschaftliche Erfolg einer großen Zahl steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe beruht ganz oder überwiegend gerade auf der besonderen Unterstützungsbereitschaft, welche die Bevölkerung diesen Veranstaltungen wegen der geplanten Verwendung des Erlöses für gemeinnützige Zwecke entgegenbringt (BFH vom 10.06.1992, I R 76/90, BFH/NV 1992, 839).

 

Tz. 11

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Die im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erzielten Umsätze unterliegen bei der Umsatzsteuer dem Regelsteuersatz von 19 %.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Reuber, Die Besteuerung der Vereine. Sie wollen mehr?


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