rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Veranlasser-Spendenhaftung bei nachträglicher Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Körperschaft. keine Veranlasserhaftung gem. § 10b Abs. 4 Satz 2 2. Abs. EStG bei nachträgliches Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Haftung für Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Haftungstatbestand nach § 10b Abs. 4 Satz 2, 2. Alt. EStG (sog. Veranlasserhaftung) umfasst nicht die Fälle, in denen Spenden für Zwecke verwendet werden, die mangels nachträglicher Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Zuwendungsempfängers nicht (mehr) steuerbegünstigt sind.

2. Im Gegensatz zur Ausstellerhaftung (§ 10b Abs. 4 Satz 2 1. Alt. EStG) kommt es bei der Veranlasserhaftung auf ein Verschulden der handelnden Personen hinsichtlich der Fehlverwendung der Spendengelder nicht an.

3. Eine Fehlverwendung der Spenden ist gegeben, wenn der Spendenbetrag nicht zu dem in der Spendenbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck verwendet wurde.

4. Für eine Veranlasserhaftung kommt als Haftungsschuldner grundsätzlich die natürliche Person, die die fehlerhafte Verwendung der Spendenmittel veranlasst hat, daneben aber auch die Empfängerkörperschaft in Betracht, wenn sie sich das Fehlverhalten ihres Repräsentanten oder Amtrsträgers zurechnen lassen muss. Die –bei einem Verein aus § 31 BGB abgeleitete– Haftung des Vereins für Handlungen des Vorstands oder anderer satzungsmäßiger Vertreter beschränkt sich auf Handlungen, die diese Organe als Vertreter des Vereins ausgeführt haben.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 4 S. 2 Alt. 2; KStG § 9 Abs. 3 S. 2; GewStG § 9 Nr. 5 S. 5; AO 1977 § 191 Abs. 1; BGB § 31

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen XI R 40/03)

BFH (Urteil vom 28.07.2004; Aktenzeichen XI R 40/03)

 

Tenor

1. Auf die Klage werden der Haftungsbescheid gem. § 191 AO in Verbindung mit § 10 b Abs. 4 S. 2, 2. Alt. EStG und § 9 Abs. 3. S. 2., 2. Alt. KStG vom 15.10.1998 sowie der Haftungsbescheid gem. § 191 AO in Verbindung mit § 9 Nr. 5 S. 5, 2. Alt. GewStG vom 15.10.1998. beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2000, aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist der Verein … Segelfreunde e.V.; Zweck des … gegründeten Vereins ist die Ausübung des Segelsports. Im Freistellungsbescheid für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 hatte das Finanzamt … die Gemeinnützigkeit des Klägers für Spendenzwecke – ebenso wie in den Vorjahren – unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis längstens 31. Mai 1997 anerkannt. Mit Bescheid vom 29. September 1997 wurde dem Kläger die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit für 1993 bis 1995 wegen fehlender Förderung der Allgemeinheit aberkannt. Die Körperschaftssteuer wurde für die Jahre 1993 bis 1995 auf jeweils 0,00 DM festgesetzt. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers vom 02. Oktober 1997 wurden mit Schreiben vom 01. April 1998 zurückgenommen.

Unter dem 15. Oktober 1998 hat das Finanzamt … gegen den Kläger Haftungsbescheide über 62.160,00 DM Einkommensteuer/Körperschaftssteuer sowie 15.540,00 DM Gewerbesteuer erlassen. Im Jahr 1999 wurde die Geschäftsstelle des Klägers von E. nach G. verlegt; der nunmehr zuständige Beklagte (das Finanzamt … –FA–) wies die Einsprüche des Klägers gegen die Haftungsbescheide mit Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2000 als unbegründet zurück.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren, die angefochtenen Haftungsbescheide ersatzlos aufzuheben, weiter. Der Kläger vertritt die Ansicht, die Haftungsbescheide hätten keine ausreichende rechtliche Grundlage in § 10 b Abs. 4 S. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. § 9 Abs. 3 S. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 9 Ziff. 5 S. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Der Kläger sei im Zeitpunkt der Entgegennahme der Spenden als gemeinnützig anerkannt gewesen. Die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit könne aus den rechtmäßig verwendeten Spendengeldern keine fehlverwendeten Spenden im Sinne des § 10 b Abs. 4 S. 2, 2. Alternative, EStG machen. Die über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Anwendung dieser Vorschrift durch das Finanzamt sei nicht rechtens. Der Kläger habe die erhaltenen Spendengelder ausschließlich und unmittelbar für den Satzungszweck, die Förderung des Segelsports, verwendet; hierbei handle es sich um einen steuerbegünstigten gemeinnützigen Zweck im Sinne von § 52 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO). Die rückwirkende Inanspruchnahme des Klägers verstoße zudem gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Das Finanzamt … habe im Zuge einer Besprechung mit dem 1. und 2. Vorsitzenden des Klägers ausdrücklich bestätigt, dass die rüc...

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