Entscheidungsstichwort (Thema)

Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Besteuerung der Körperschaft nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit

 

Normenkette

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 8 Abs. 3 S. 2, Abs. 5, § 10 Nr. 1; AO § 55 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Abschnitt I

In der Hauptsache streiten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Freistellungsbescheides zur Körperschaft- und Gewerbesteuer wie auch über die Rechtmäßigkeit der in der Folge dessen erstmalig erlassenen Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide sowie geänderten Umsatzsteuerbescheide.

Der Antragsteller ist ein im Vereinsregister Hamburg (...) eingetragener Verein; die Satzung wurde am ...1997 errichtet. ...

Organe des Antragstellers sind der Vorstand, der Beirat und die Mitgliederversammlung (§ 6 der Satzung). § 7 der Satzung in der für die Streitjahre geltenden Fassung lautet: "(1) Der Vorstand des Vereins im Sinne von § 26 BGB besteht aus dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden.

(2) Der Verein wird durch zwei Mitglieder des Vorstandes vertreten. Der Vorsitzende erhält alleinige Bankvollmacht. Der stellvertretende Vorsitzende und ein zu bestimmender Kassenwart erhalten die Bankvollmacht i.V.m. der Unterschrift des Vorsitzenden."

Die Mitgliederversammlung des Antragstellers beschloss am 30.11.2000: "Die Vorsitzenden werden von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit." Diese Satzungsänderung wurde am ...2004 in das Handelsregister eingetragen.

In den Streitjahren waren Frau A Vorsitzende und Herr B stellvertretender Vorsitzender des Antragstellers.

Der Antragsteller betätigte sich auf dem Gebiet der ....

Am 24.9.2004 reichte der Antragsteller bei dem ehemals für ihn zuständigen Finanzamt Hamburg-... eine Erklärung zur Körperschaft- und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, ein. Den Erklärungen fügte der Antragsteller Vermögensübersichten mit Gewinnermittlungen durch Überschussrechnung bei....

Der Antragsgegner legte zudem Jahresberichte für 2001 bis 2003 vor, auf die Bezug genommen wird.

Das Finanzamt erteilte am 28.10.2004 gegenüber dem Antragsteller einen Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Kalenderjahre 2001 bis 2003 unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO.

Am 17.3.2005 wurde bei dem Antragsteller mit der Durchführung einer Betriebsprüfung begonnen. Diese gelangte zu folgenden Feststellungen und rechtlichen Würdigung:

1. A unterhielt ein Konto bei der Bank1 Nr. ...4 und ein weiteres Konto bei der Bank2 Nr. ...5. Auf diesen Konten wurden Schecks eingereicht, die von X, Y, Z für Übersetzungskosten ausgestellt worden waren. Die Kosten für die Übersetzungen betrugen jeweils 1.700 DM beziehungsweise 869,20 EUR. Die von A auf ihren Konten vereinnahmten Gelder stehen im Zusammenhang mit ...(der Tätigkeit des Antragstellers)... Auf dem überwiegenden Teil der ausgestellten Schecks ist der Antragsteller als Empfänger benannt bzw. der Verwendungszweck "Übersetzungskosten" notiert. Die Einlösung der Schecks für Übersetzungskosten auf den vorgenannten Konten erfolgte in folgender Höhe:

2001

2002

2003

Bank2

120.070,00 DM

67.208,40 EUR

5.215,20 EUR

Bank1

68.700,00 DM

Summe

188.770,00 DM

67.208,40 EUR

5.215,20 EUR

Die Betriebsprüfung sah hierin einen Verstoß gegen das Verbot der Mittelfehlverwendung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 AO. Die Mitglieder des Antragstellers hätten A ihr Vertrauen in Kenntnis der gegen sie erhobenen Vorwürfe einstimmig ausgesprochen. Sie hätten sich damit die Haltung der A zueigen gemacht und auf eine Rückforderung der dem Antragsteller entzogenen Einnahmen verzichtet. Insoweit wird auf Prüfungsvermerk 2 Bezug genommen.

2. Der Antragsteller erfasste in seinen Vermögensübersichten mit Gewinnermittlung durch Überschussrechnung für 2002 und 2003 Seminargebühren von X, Y, Z nicht als Betriebseinnahmen. Diese waren - 2002 in Höhe von 103.559,76 EUR und - 2003 in Höhe von 111.213,60 EUR auf dem Konto der Bank2 Nr. ...1 gutgeschrieben worden. Inhaber dieses Kontos waren A und B.

Die Betriebsprüfung sah hierin einen Verstoß gegen die Rechtsordnung, der die Annahme der Gemeinnützigkeit ausschließe. Dem Antragsteller sei das eigenmächtige Handeln der A zuzurechnen. Die Mitglieder hätten in der Versammlung vom 12.11.2005 dem Vorstand ausdrücklich Entlastung erteilt; eine grobe Vernachlässigung der Überwachungspflichten beziehungsweise ein Organisationsverschulden sei zu bejahen. Auf den Prüfungsvermerk 1 wird Bezug genommen.

3. Am 3.9.2004 wurde zwischen dem Antragsteller und A ein von ihr und B unterzeichneter Geschäftsführervertrag geschlossen. Nach § 3 dieses Vertrages erhält A ab dem Jahr 2003 für ihre Tätigkeit eine Vergütung von 5.000 EUR pro Monat. Reisekosten und Spesen werden nach Vorlage der entsprechenden Belege erstattet (§ 5 des Vertrages). Als Bruttoarbeitslohn wurde ein Betrag von 82.312 EUR abgerechnet.

Die Betriebsprüfung gelangte zu der Auffassung, dass d...

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