Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlerische Tätigkeit eines Discjockeys: Eigenschöpferische Leistung durch Mischen und Bearbeiten von Musikstücken – Verwendung von Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als „Instrumente

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein selbständiger Discjockey, der bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern sowie Firmenveranstaltungen überwiegend Musikstücke anderer Urheber zu Gehör bringt, denen er unter Verwendung von Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als „Instrumente“ durch Vermischung und Bearbeitung sowie Hinzufügen von Tönen und Geräuschen einen neuen Charakter verliehen hat, vollbringt eine eigenschöpferische Leistung, die als künstlerische Tätigkeit zu beurteilen ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger künstlerisch (freiberuflich) oder gewerblich tätig ist.

Der Kläger ist Discjockey (DJ). Im Streitjahr 2016 spielte er unter der Firma „...“ Musik bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern sowie Firmenveranstaltungen; gelegentlich trat er in Clubs auf. Er erzielte einen durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelten Gewinn i.H.v. 45.148,65 €. Darin enthalten sind Einnahmen i.H.v. 1.222,69 € und Ausgaben i.H.v. 1.400,00 € aus der zweimaligen Bereitstellung eines Vertretungs-DJs. Im Jahr 2018 wurde für den Kläger der Künstlername „...“ in das Melderegister eingetragen. Er betreibt die Website „...“.

Die vom Kläger mit den Veranstaltern geschlossenen Verträge enthielten u.a. die folgende Klausel: „Der Künstler unterliegt weder in der Programmgestaltung noch in der Darbietung Weisungen des Veranstalters oder des Auftraggebers. Stil und Art der Darbietung werden jedoch im Vorfeld abgesprochen und eingehalten.“

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) qualifizierte die Tätigkeit als gewerbliche und erließ am 20.10.2017 einen Gewerbesteuermessbescheid gegen den Kläger.

Dieser legte Einspruch ein und vertrat die Auffassung, er sei künstlerisch tätig. Er spiele Lieder nicht lediglich ab und reihe sie aneinander, sondern verändere sie so, dass neue, eigene Musikstücke (z.B. Remixe oder Mashups) entstünden. Dies geschehe vorab zu Hause oder live vor Ort. Er lege andere Beats unter die Songs, variiere die Abspielgeschwindigkeit, verwende Spezialeffekte, spiele Samples (d.h. Teile einer Ton- oder Musikaufnahme) ein oder vermische mehrere Musikstücke. Bekannte Songs erhielten dadurch einen anderen, neuen Charakter. Samples und Beats könnten käuflich erworben, aber auch selbst produziert werden. So stelle er Beats mit der Software „Reason“ her. Für seine Arbeit stünden ihm zwei Schallplattenspieler, zwei CD-Player, ein Laptop mit DJ-Software („Traktor Scratch“) und ein digitales Mischpult zur Verfügung. Er besitze eine große Musiksammlung, habe umfangreiches Wissen über bestimmte Musik-Genres und verstehe sich als Vollblut-Musiker. Er übersandte einen USB-Stick mit Ausschnitten aus den Stücken „Atemlos“ (Helene Fischer), „Pretty Woman“ (Roy Orbison) und „Papa was a rollin' stone“ (The Temptations) im Original und als eigene Remixe.

Das FA wies den Einspruch mit Entscheidung vom 25.07.2018 als unbegründet zurück. Es führte aus, die Tätigkeit des Klägers erreiche nicht die nötige Gestaltungshöhe, um als künstlerische eingestuft zu werden. Dies zeigten zum einen die als Hörprobe übersandten Remixe, die den Originalsongs stark ähnelten. Die Veränderungen im Beat und Klang seien nicht so bedeutend, dass der Zuhörer von neuen Musikstücken ausgehen würde. Der Kläger habe keine Klangfolgen mit dominierender eigener Prägung erzeugt (Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.07.2005, V R 50/04). Zum anderen ergebe sich dies aus den äußeren Umständen der Darbietung. Der Kläger spiele Musik, die vom Auftraggeber gewünscht werde, die auf das Publikum zugeschnitten sei und zur Art der Veranstaltung (z.B. Hochzeit oder Betriebsfeier) passe. Seine Möglichkeiten zur freien schöpferischen Gestaltung seien dadurch begrenzt. Bei den privaten Veranstaltungen gehe es nicht darum, alle Aufmerksamkeit auf den DJ zu lenken, sondern den Veranstaltern und Gästen einen Rahmen zum Feiern und Tanzen zu bieten. Die Tätigkeit als DJ stelle ein unteilbares Konglomerat aus künstlerischen und technischen Leistungen dar, wobei der technische Teil überwiege und ihr das Gepräge gebe. Bei der Veränderung der Musikstücke mit Hilfe von DJ-Software und der Gestaltung von Übergängen zwischen den Liedern handele es sich schwerpunktmäßig um technische Arbeit; der künstlerische Anteil der Leistung trete dahinter zurück. Hinzu komme, dass der Kläger neben der Musikdarbietung Dienstleistungen - wie die Planung und Besprechung der Veranstaltung mit dem Auftraggeber, die Anlieferung und den Auf- und Abbau der Technik sowie die Stellung eines Ersatz-DJs bei Verhinderung - erbringe, die gewerblicher Natur und nicht von untergeordneter Bedeutung seien.

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Änderung der Einspruchsentscheidung, den das FA ablehnte,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Reuber, Die Besteuerung der Vereine. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge