Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinsjubiläumsfeier als steuerschädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Verein wird nachhaltig tätig, wenn er im Rahmen des 20jährigen Gründungsjubiläums zur Bewirtung der Gäste ein Bierzelt betreibt.

2. Der Bierzeltbetrieb ist weder ein Zweckbetrieb (§ 65 AO 1977) noch eine gesellige Veranstaltung (§ 68 Nr. 7b AO 1977). Der unbegrenzte Zutritt Fremder schließt eine steuerliche Vergünstigung aus.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 14, 52, 65, 68 Nr. 7b; KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nr. 9

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein nicht eingetragener Verein des bürgerlichen Rechts (Fußballclub), ist als gemeinnützig anerkannt. Der Kläger veranstaltete anläßlich seines 20jährigen Bestehens ein dreitägiges Gründungsfest mit Bierzeltbetrieb. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) unterwarf den bei diesem Fest erzielten Überschuß (9 550 DM) der Körperschaftsteuer.

Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg; das Finanzgericht (FG) gab der Klage des Klägers statt und hob den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf.

Mit seiner von dem Senat mit Beschluß vom 21. August 1985 I B 20/85 zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung von §§ 14 und 68 Satz 1 Nr. 7 Buchst. c der Abgabenordnung (AO 1977) und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Anfechtungsklage als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil des FG war aufzuheben und die Klage des Klägers abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FA hat den Kläger zu Recht zur Körperschaftsteuer herangezogen.

1. Der Senat teilt die in dem angefochtenen Urteil zum Ausdruck kommende Auffassung des FG, der Kläger habe nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung in den Streitjahren durch Pflege und Förderung des Fußballsports gemeinnützigen Zwecken gedient (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977).

2. Die daraus folgende sachliche Steuerbefreiung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1977) wird durch das Veranstalten des Vereinsfestes nicht ausgeschlossen (§ 58 Nr. 8 AO 1977). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß das vom Kläger durchgeführte Fest im Vergleich zu seiner steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung war. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

3. Das FG hat zu Unrecht einen (steuerschädlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers ,,Veranstaltung 20- Jahrfeier" verneint.

a) Die Befreiung von der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977) entfällt insoweit, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Gemäß § 14 AO 1977 ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen; dabei ist die Absicht, Gewinn zu erzielen, nicht erforderlich.

aa) Der Kläger hat mit der eigenen Bewirtung der Besucher während der 20-Jahrfeier einen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Die dafür notwendigen Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

bb) Der Kläger ist insoweit selbständig tätig geworden, mit seiner Tätigkeit über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen und hat Einnahmen erzielt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

2) Der Kläger ist durch die Bewirtschaftung in dem Bierzelt während der 20-Jahrfeier auch nachhaltig tätig geworden. Zum Begriff ,,nachhaltig" verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 21. August 1985 I R 60/80 (BFHE 145, 33, BStBl II 1986, 88). Danach ist eine nachhaltige Tätigkeit auch dann anzunehmen, wenn die Tätigkeiten von vornherein nur für eine abgegrenzte Zeit beabsichtigt sind, zeitweilig unterbrochen werden oder wenn sie sich in größeren Zeitabständen wiederholen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 30. April 1930 V A 76/30, RStBl 1930, 388; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. April 1979 V R 46/72, BFHE 128, 110, 112, BStBl II 1979, 530).

Die Verwirklichung des Entschlusses, zum Vereinsjubiläum eine Veranstaltung in Form eines Bierzeltbetriebes abzuhalten, erforderte eine Vielzahl von Einzeltätigkeiten, die in ihrer tatsächlichen und rechtlichen Vielfalt und Verschiedenartigkeit überwiegend in den wirtschaftlich-gewerblichen Bereich einzuordnen sind. Wie die Überschußrechnung des Klägers ausweist, umfaßte die unternehmerische Tätigkeit des Klägers u.a. den Verkauf von Festabzeichen und Festschriften, die Inseratenwerbung in der Festschrift und den Vertrag mit der Musikkapelle. Während der Veranstaltung mußten unter Einsatz einer entsprechenden Anzahl von Personen die Waren bereitgehalten, verkauft und verteilt werden. Allein diese Bewirtung der Teilnehmer genügt bereits, um den Begriff ,,nachhaltig" i.S. des § 14 AO 1977 zu erfüllen.

Unter diesen Umständen kann der Bierzeltbetrieb entgegen der Meinung des Klägers nicht als eine einzige einheitliche Handlung gewertet werden. Es handelt sich vielmehr um tatsächlich und/oder rechtlich verschiedenartige, inhaltlich unterschiedliche und in ihrer Ausführung voneinander abweichende Tätigkeiten. Daß sich diese Tätigkeiten ständig wiederholten, ließ sie nicht zu einer einzigen Handlung werden, sondern bestätigt das nachhaltige Tätigwerden des Klägers.

cc) Der Kläger hat sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Er hat alle für den Bierzeltbetrieb notwendigen Maßnahmen getroffen, die von den Festbesuchern entrichteten Entgelte an sich genommen und die Vorgänge buchmäßig erfaßt. Der Kläger hat sich damit in vielfältiger Weise, vergleichbar mit einem gewerblichen Gaststättenbetrieb, im allgemeinen Wirtschaftsleben betätigt.

dd) Ein körperschaftsteuerlicher Gewinn aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb ist im Streitfall nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger den Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben für seine satzungsmäßigen Zwecke verwendet hat. Die Art der Verwendung der Geldbeträge ändert nichts daran, daß dieser Gewinn in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielt werde.

ee) Der Bierzeltbetrieb des Klägers kann nicht als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977 von der Besteuerung ausgenommen werden. Der von dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers ausgehende Wettbewerb hat sich nicht auf das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß beschränkt (§ 65 Nr. 3 AO 1977). Durch die Übernahme des Bierzeltbetriebes durch den Kläger war das ortsansässige Gaststättengewerbe von der Bewirtung der Festbesucher ausgeschlossen. Das war zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks (Förderung des Fußballsports) einschließlich der auf dem Fest durchgeführten Mitgliederwerbung nicht erforderlich. Dazu bedurfte es nicht der Eigenbewirtschaftung.

ff) Der Bierzeltbetrieb des Klägers während des Vereinsfestes kann auch nicht als Zweckbetrieb i.S. des § 68 Nr. 7b AO 1977 (,,gesellige Veranstaltung") von der Besteuerung ausgenommen werden. Solche Veranstaltungen sind dazu bestimmt, der Pflege des Vereinslebens zu dienen. Sie beschränken sich deshalb grundsätzlich auf das Zusammensein der Vereinsmitglieder. Der unbegrenzte Zutritt Vereinsfremder - wie bei dem Vereinsfest des Klägers - schließt eine steuerliche Begünstigung aus (vgl. BFH-Urteil vom 21. August 1985 I R 3/82, BFHE 145, 40, BStBl II 1986, 92). Dies gilt auch dann, wenn, wie im Streitfall vom Kläger vorgetragen, anläßlich der Festveranstaltung Mitgliederwerbung betrieben wird. Dies war nicht Zweck der Veranstaltung, sondern geschah gelegentlich im Laufe des Vereinsfestes. Andernfalls wäre es eine Werbeveranstaltung gewesen.

4. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, konnte seine Entscheidung keinen Bestand haben. Sie war aufzuheben.

Der Senat entscheidet in der Sache selbst; diese ist spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Nach den vom FG getroffenen und den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) tatsächlichen Feststellungen war die Klage des Klägers entsprechend der Rechtsauffassung des Senats unbegründet und deshalb abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416104

BFH/NV 1989, 342

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