Umsatzsteuer auf Betriebskosten für vermietetes Sondereigentum

Hintergrund: Umsatzsteuer in der Betriebskostenabrechnung
Der Mieter von Gewerberäumen verlangt vom Vermieter die Rückzahlung von Betriebskosten. Er hatte die in einer Wohnungseigentumsanlage gelegene Teileigentumseinheit zum Betrieb eines Friseursalons vom Sondereigentümer der Einheit gemietet.
Laut Mietvertrag trägt der Mieter sämtliche Nebenkosten. Zudem ist vereinbart, dass er auf die monatliche Grundmiete und die Nebenkosten die "jeweils gültige Mehrwertsteuer von derzeit 19 Prozent" zu entrichten hat. Der Vermieter hat zur Umsatzsteuer optiert, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) hingegen nicht. Der Mieter ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.
In der Betriebskostenabrechnung 2018 übernahm der Vermieter die Kostenpositionen aus der Jahresabrechnung der GdWE inklusive der darin enthaltenen Umsatzsteuer und berechnete darauf zusätzlich 19 Prozent Umsatzsteuer. Aus der Abrechnung ergab sich eine Nachzahlung von 964 Euro (inklusive 154 Euro Umsatzsteuer) die der Mieter zunächst bezahlte.
Der Mieter verlangt nun Rückzahlung von 732 Euro mit der Begründung, der Vermieter hätte die in den Kostenpositionen enthaltene Umsatzsteuer herausrechnen müssen und nur auf die Netto-Beträge Umsatzsteuer aufschlagen dürfen.
Entscheidung: Keine Pflicht zur Herausrechnung der Umsatzsteuer
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Betriebskostenabrechnung ist inhaltlich korrekt. Insbesondere musste der Vermieter die Umsatzsteuer nicht herausrechnen. Dies beruht darauf, dass es sich bei den Mieträumen um eine Teileigentumseinheit in einer Wohnungseigentumsanlage handelt und der Vermieter seinerseits keinen Vorsteuerabzug gelten machen kann.
Option zur Umsatzsteuer bei Vermietung an Unternehmer
Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist gemäß § 4 Nr. 12a UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Der Vermieter kann aber auf die Steuerbefreiung verzichten, wenn
- der Mieter Unternehmer ist und
- das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
Von dieser Möglichkeit hat der Vermieter hier Gebrauch gemacht und zur Umsatzsteuer optiert.
Grundsatz: Umlage von Nettobeträgen zuzüglich Umsatzsteuer
Im Grundsatz muss ein Vermieter, der – wie hier – zur Regelbesteuerung optiert hat, in der Betriebskostenabrechnung die Kosten, auf die er selbst Umsatzsteuer entrichtet hat, vor der Umlage auf die Mieter vollständig von darin enthaltenen Umsatzsteueranteilen befreien. Er kann nämlich die gezahlte Umsatzsteuer, die in den Rechnungen von Lieferanten oder Handwerkern enthalten ist, als Vorsteuer geltend machen.
Dadurch wird er wirtschaftlich nicht durch die Umsatzsteuer belastet, da er nur den Nettobetrag der Kosten trägt.
Für die Abrechnung bedeutet das, dass der Vermieter nur die Nettobeträge der umsatzsteuerbelasteten Betriebskosten an den Mieter weitergeben darf. Leistungen, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind (etwa Grundsteuer, Versicherungen oder Eigenleistungen des Vermieters), werden unverändert in der Abrechnung eingestellt. Auf die so ermittelte Summe der Nettobetriebskosten wird der volle Umsatzsteuersatz von derzeit 19 Prozent aufgeschlagen, um die Bruttobetriebskosten zu ermitteln.
Dadurch zahlt der Mieter auch auf Positionen, die nicht mit Vorsteuer belastet sind (wie Grundsteuer) oder ursprünglich mit dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent belastete Positionen (zum Beispiel Wasser) den vollen Satz von 19 Prozent.
Von diesem Bruttobetrag werden schließlich die Vorauszahlungen des Mieters (inklusive der darauf erhobenen Umsatzsteuer) abgezogen.
Spezialfall: Vermietetes Sondereigentum
Anders kann es sich bei der Vermietung von Sondereigentum in einer Wohnungseigentumsanlage verhalten, wenn der Vermieter der Betriebskostenabrechnung umlagefähige Kostenpositionen zugrunde legt, die in der Jahresabrechnung der GdWE enthalten sind.
Hat die GdWE wie hier nicht ihrerseits zur Umsatzsteuer optiert, werden in der Jahresabrechnung die auf die einzelnen Kostenpositionen entfallenden Umsatzsteueranteile nicht gesondert ausgewiesen. Der Vermieter einer Sondereigentumseinheit kann daher insoweit keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Sein tatsächlicher Aufwand besteht dann in den auf ihn entfallenden Anteilen einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer. In diesem Fall darf der Vermieter die Bruttobeträge aus der WEG-Abrechnung in seine Betriebskostenabrechnung übernehmen und darauf die vereinbarte Umsatzsteuer berechnen. So ist der Vermieter im vorliegenden Fall zurecht vorgegangen.
Keine Pflicht zur Veranlassung der Umsatzsteueroption
Der BGH stellte außerdem klar, dass ein Vermieter nicht verpflichtet ist, die GdWE zur Option zur Umsatzsteuer zu veranlassen, um ihm einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Eine solche Option hätte weitreichende Folgen für alle Eigentümer und die Gemeinschaft. Diese müsste etwa Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen abgeben und Aufzeichnungspflichten erfüllen, was mit erheblichem Aufwand verbunden wäre.
(BGH, Urteil v. 15.1.2025, XII ZR 29/24)
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