Rz. 538

Mit der Rechtsprechung des BFH vom 02.03.1994 und der damit verbundenen Erfassung von ehebedingten unbenannten Zuwendungen als freigebige Zuwendung unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Rahmen der Gestaltungsberatung nach Nischen gesucht worden, die unbeachtet der BFH-Rechtsprechung eine steuerfreie Vermögensübertragung zwischen Ehegatten ermöglichen. Ins Blickfeld geraten sind hierbei die Erfüllung von Unterhaltspflichten, die Erfüllung von Zugewinnausgleichsansprüchen (Güterstandsschaukel) sowie steuerfreie Übertragungen unter Zuhilfenahme von § 13 ErbStG.

 

Rz. 539

Gem. §§ 1360, 1360a BGB sind Ehegatten einander zum Unterhalt verpflichtet. Da eine gesetzliche Verpflichtung das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung ausschließt, besteht die Möglichkeit auf diesem Wege Vermögen von einem Ehegatten auf den anderen Ehegatten zu übertragen. Der Umfang der Unterhaltspflicht bemisst sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten und eröffnet daher in der Praxis einen gewissen Argumentations- und Gestaltungsspielraum. Nach § 1360a Abs. 1 BGB umfasst ein angemessener Unterhalt alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten sowie den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen. Der Rahmen der Unterhaltsverpflichtung während der Zeit der Ehe bzw. des Zusammenlebens ist dabei wesentlich flexibler gehalten als der Nachehelichenunterhalt, der regelmäßig in exakten Geldbeträgen fest fixiert ist. Unter Haushaltskosten fallen z. B. die Kosten für Ernährung, Wohnung, Wohnungseinrichtung. Unter den persönlichen Bedürfnissen des Ehegatten sind z. B. Kleidung, Krankenversicherung, Freizeitaufwendungen sowie ein angemessenes Taschengeld zu verstehen. Der Punkt, an dem die Unterhaltspflicht endet und eine unbenannte ehebedingte Zuwendung beginnt, ist in der Praxis kaum exakt auszuloten, da sich die Unterhaltsverpflichtungen jeweils am Lebenszuschnitt der Eheleute zu orientieren haben. Als Richtschnur kann jedoch die von Schlünder/Geißler (ZEV 2005, 505, 507) vorgeschlagene Grobunterscheidung dienen. Danach sind bei Leistungen der Bedarfsdeckung in der Regel Unterhaltsleistungen gegeben, während bei Zuwendungen, die der Vermögensbildung dienen, tendenziell steuerpflichtige Vorgänge gegeben sind. Anzuraten ist bei Vorgängen der Vermögensbildung, dass diese im Rahmen einer Ehegatteninnengesellschaft getätigt werden.

 

Rz. 540

Auch der Aufbau einer Altersversorgung für den anderen Ehegatten zählt zivilrechtlich zur Erfüllung von Unterhaltsleistungen. Die Angemessenheit hierfür ergibt sich wiederum aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten (s. im Einzelnen Gebel, BB 2000, 2018; Gottschalk. in T/G/J/G, § 3 Rn. 311; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 175). Der BFH folgt dem allerdings nicht (Urteil vom 24.10.2001, BStBl II 2002, 153). So führt er in dem zu § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ergangenen Urteil aus, dass nach den §§ 1360, 1360a BGB für den Zuwendenden zwar eine Verpflichtung bestehe, nicht nur für den gegenwärtigen, sondern entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen auch für die dauernde Sicherung des künftigen Unterhalts des anderen Ehegatten zu sorgen, ein konkreter Leistungs- oder Zahlungsanspruch gegen den unterhaltsverpflichteten Ehegatten ergebe sich hieraus allerdings nicht. Wollte man dies anders sehen, hätte § 17 ErbStG keine Bedeutung mehr. Ob dies zutreffend ist, scheint zumindest fraglich. Insbesondere die Bezugnahme auf § 17 ErbStG, der regelmäßig nicht auf Zuwendungen i. S. d. § 7 ErbStG anwendbar ist (hierzu s. § 1 Rn. 24), sollte für Fälle freigebiger Zuwendungen in der Ehe nicht möglich sein.

 

Rz. 541

Auch Unterhaltsleistungen an den geschiedenen/getrennt lebenden Ehegatten unterliegen nur dann der Steuerpflicht, wenn keine Verpflichtung zur Zahlung besteht (s. BFH vom 28.11.1967, BStBl II 1968, 239). Erhält ein Ehegatte für den Verzicht auf zukünftige (nacheheliche) Unterhaltsleistungen eine Abfindung, so soll die Zahlung des Abfindungsbetrages eine freigebige Zuwendung darstellen, da dem Verzicht kein in Geld bewertbarer Vermögenswert zukomme, da es sich hierbei allenfalls um eine bloße Erwerbschance handele, die als solche nicht geeignet sei, Gegenstand einer die Freigebigkeit ausschließenden Gegenleistung zu sein (BFH vom 17.10.2007, BStBl II 2008, 256; s. auch Wälzholz, FR 2007, 638, 643; Schlünder/Geißler, FR 2008, 528).

 

Rz. 542

Weitergehende Gestaltungsmöglichkeiten zur Übertragung von Vermögenswerten zwischen Ehegatten bestehen in der Ausnutzung des § 5 Abs. 2 ErbStG, wonach der Ausgleich einer Zugewinnausgleichsforderung i. S. d. § 1378 BGB nicht zu einem Erwerb nach § 7 ErbStG führt. Durch vertragliche Beendigung des Güterstandes können die Eheleute einen derartigen Zugewinnausgleichsanspruch begründen, der sodann steuerfrei erfüllt werden kann. Ein Rückwechsel in den bisherigen Güterstand (sog. Güterstandsschaukel) stellt keinen Gesta...

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