Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 199
Der Begriff "steuerbegünstigte Zwecke" umfasst als Oberbegriff die gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecke.
7.2.3.1 Gemeinnützigkeit
Rz. 200
Bei der gemeinnützigen Zweckverfolgung gem. § 52 AO muss die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet gefördert werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff "Förderung der Allgemeinheit" ist erfüllt, wenn eine Körperschaft einen Bereich aus dem Beispielkatalog des Abs. 2 dieser Vorschrift fördert. Ansonsten muss gewährleistet sein, dass der Kreis der Geförderten stets einen Ausschnitt aus der Allgemeinheit bildet und nicht von vornherein durch bestimmte Merkmale fest abgeschlossen ist. Laut BFH muss im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft haben, sodass die Mitglieder dementsprechend zumindest einen Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen (BFH vom 26.01.1973, BStBl II 1973, 430; BFH vom 13.12.1978, BStBl II 1979, 482; BFH vom 13.08.1997, BStBl II 1997, 794). Dem Begriff der "Förderung" ist ein Hinwirken zum Positiven immanent, Förderung setzt eigenes Handeln und Tätigwerden voraus. Dabei fördert eine Stiftung auch dann die Allgemeinheit i. S. d. § 52 AO, wenn sie ihre Zwecke ausnahmslos oder überwiegend im Ausland erfüllt (vgl. BFH vom 20.12.2006, DStR 2007, 438; entgegen BMF vom 20.09.2005, BStBl I 2005, 902).
Rz. 201
§ 52 Abs. 2 AO enthält eine Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 (BGBl I 2007, 2332), zuletzt geändert am 21.03.2013 (BStBl I 2013, 556), werden die bisher in § 52 Abs. 2 AO beispielhaft genannten Zwecke durch einen umfangreichen Katalog ersetzt. Der prinzipiell abschließende Katalog wird durch eine Öffnungsklausel ergänzt (§ 52 Abs. 2 Satz 2 AO). Der Katalog enthält nunmehr auch alle Zwecke, die bisher nach der Anlage 1 (zu § 48 EStDV a. F.) allgemein als besonders förderungswürdig i. S. d. § 10b Abs. 1 EStG anerkannt sind. Damit sind jetzt Spenden für alle gemeinnützigen Zwecke steuerlich abziehbar. Die bisher zum Teil unterschiedlichen Begriffe sind ab 2007 vereinheitlicht (statt aller Fischer, NWB Fach 2, 9439). Mit der Verpflichtung einer Körperschaft zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke ist die objektive Gemeinnützigkeit, wie sie durch den Förderzweck des Gemeinnützigkeitsrechts geboten ist, hinreichend konkretisiert.
Rz. 202
Einen umfassenden Überblick über die gemeinnützigen Zwecke in ABC-Form gibt Reuber, Die Besteuerung der Vereine, "Gemeinnützigkeit" Tz. 31.
7.2.3.2 Mildtätige Zwecke (§ 53 AO)
Rz. 203
Die Förderung mildtätiger Zwecke setzt eine Unterstützung körperlich, geistig, seelisch (Nr. 1) oder wirtschaftlich (Nr. 2) hilfsbedürftiger Personen voraus. Ob eine Person dem unterstützungsbedürftigen Personenkreis i. S. d. § 53 Nr. 1 oder 2 AO zuzuordnen ist, bestimmt sich ausschließlich nach den genannten objektiven Merkmalen. Eine wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit liegt z. B. vor, wenn die Bezüge dieser Person nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe (bei Alleinstehenden und Haushaltsvorständen das Fünffache).
7.2.3.3. Kirchliche Zwecke (§ 54 AO)
Rz. 204
Kirchliche Zwecke werden verfolgt, wenn sie darauf gerichtet sind, eine Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, zu fördern. Die kirchlichen Zwecke sind abzugrenzen von der Förderung der Religion i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. Der Begriff der Religion ist weiter als der Begriff der Kirche, da nur Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts förderfähig sind, während die Verfolgung religiöser Zwecke Religionsgesellschaften jeder Art und auch sonstige Vereinigungen zur Verfolgung religiöser Zwecke umfasst. So erfüllt z. B. die (Förderung der) Scientology Church allenfalls die Merkmale von § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO und nicht die Voraussetzungen des § 54 AO.