Zu § 1 UStG

1. Leistungsaustausch

 

(1) 1Lieferungen und sonstige Leistungen sind nur dann steuerbar, wenn ein Leistungsaustausch Vorliegt.2 Ein Leistungsaustausch setzt voraus, daß Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht. 3Für die Annahme eines Leistungsaustausches müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen. 4Ein Leistungsaustausch kann nur zustande kommen, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, so daß schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (BFH-Urteil vom 7. 5. 1981, BStBl II S. 495). 5Der Annahme eines Leistungsaustausches steht nicht entgegen, daß sich die Entgeltserwartung nicht erfüllt, daß das Entgelt uneinbringlich wird oder daß es sich nachträglich mindert (vgl. BFH-Urteil vom 22. 6. 1989, BStBl II S. 913). 6Auch wenn die Gegenleistung freiwillig erbracht wird, kann ein Leistungsaustausch vorliegen (vgl. RFH-Urteil vom 19. 7. 1935, RStBl S. 1152, und BFH-Urteil vom 17. 2. 1972, BStBl II S. 405). 7Leistung und Gegenleistung brauchen sich nicht gleichwertig gegenüberzustehen (vgl. BFH-Urteil vom 3. 12. 1953, BStBl 1954 III S. 65). 8An einem Leistungsaustausch fehlt es in der Regel, wenn eine Gesellschaft Geldmittel nur erhält, damit sie in die Lage versetzt wird, sich in Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks zu betätigen (vgl. BFH-Urteil vom 20. 4. 1988, BStBl II S. 792). 9Zur Prüfung der Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen vgl. das BFH-Urteil vom 22. 6. 1989 (a. a. 0.). 10Die Gewährung von Personalrabatt durch den Unternehmer beim Einkauf von Waren durch seine Mitarbeiter ist keine Leistung gegen Entgelt, sondern Preisnachlaß (BFH-Beschluß vom 17. 9. 1981, BStBl 11 S.775).

 

(2) 1Der Leistungsaustausch umfaßt alles, was Gegenstand eines Rechtsverkehrs sein kann. 2Leistungen im Rechtssinne unterliegen aber nur insoweit der Umsatzsteuer, als sie auch Leistungen im wirtschaftlichen Sinne sind, d.h. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltsentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichtenden verfolgt wird (vgl. BFH-Urteil vom 31.7.1969, BStBl II S. 637). 3Die bloße Entgeltsentrichtung, insbesondere die Geldzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne. 4Unter welchen Voraussetzungen bei der Schuldübernahme eine Leistung im wirtschaftlichen Sinne anzunehmen ist, vgl. die BFH-Urteile vom 18.4.1962 (BStBl III S. 292) und vom 31.7.1969 a.a.0. 5Die Übernahme einer Baulast gegen ein Darlehen zu marktunüblich niedrigen Zinsen kann einen steuerbaren Umsatz darstellen (vgl. BFH-Beschluß vom 12. 11. 1987, BStBl 1988 II S. 156). 6Die Unterhaltung von Giro-, Bauspar- und Sparkonten stellt für sich allein keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne dar (vgl. BFH-Urteil vom 1.2.1973, BStBl II S. 172). 7Die geschäftsmäßige Ausgabe nicht börsengängiger sogenannter Optionen (Privatoptionen) auf Warenterminkontrakte gegen Zahlung einer Prämie ist eine steuerbare Leistung (BFH-Urteil vom 28. 11. 1985, BStBl 1986 II S. 160). 8Zum Anbieten von Leistungen (Leistungsbereitschaft) als eine steuerbare Leistung, wenn dafür ein Entgelt gezahlt wird, vgl. BFH-Urteil vom 27. 8. 1970 (BStBl 1971 II S. 6).

 

(3) 1Ein Leistungsaustausch liegt nicht vor, wenn eine Lieferung rückgängig gemacht wird (Rückgabe). 2Ob eine nicht steuerbare Rückgabe oder eine steuerbare Rücklieferung vorliegt, ist aus der Sicht des ursprünglichen Lieferungsempfängers und nicht aus der Sicht des ursprünglichen Lieferers zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.1981, BStBl 1982 II S. 233).

 

(4) 1Die Freigabe eines Fußballvertragsspielers oder Lizenzspielers gegen Zahlung einer Ablöseentschädigung vollzieht sich im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustausches (vgl. BFH-Urteil vom 31.8.1955, BStBl III S. 333). 2Das gilt auch dann, wenn die Ablöseentschädigung für die Abwanderung eines Fußballspielers in das Ausland von dem ausländischen Verein gezahlt wird, weil die Spielerfreigabe eine im Inland ausgeführte sonstige Leistung des deutschen Vereins darstellt.

 

(5) 1Personalgestellungen und -überlassungen gegen Entgelt, auch gegen Aufwendungsersatz, erfolgen grundsätzlich im Rahmen eines Leistungsaustausches. 2In den folgenden Beispielsfällen liegt bei der Freistellung von Arbeitnehmern durch den Unternehmer gegen Erstattung der Aufwendungen wie Lohnkosten, Sozialversicherungsbeiträge und dgl. jedoch kein Leistungsaustausch vor:

Freistellung

 

1.

für Luftschutz- und Katastrophenschutzübungen,

 

2.

für Sitzungen des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse,

 

3.

an das Deutsche Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk oder den Malteser Hilfsdienst, die Johanniter Unfallhilfe oder der Arbeiter Samariter Bund,

 

4.

an die Feuerwehr für Zwecke der Ausbildung zu Übungen und Einsätzen,

 

5.

für Wehrübungen,

 

6.

zur Teilnahme an der Vollversammlung einer Handwerkskammer, an Konferenzen, Lehrgängen und dgl. einer...

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