Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 87 FGO ergänzt die Vorschriften über den Zeugenbeweis (§ 82 FGO i. V. m. §§ 373 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 401; s. § 82 FGO Rz. 4; Herbert in Gräber, § 87 FGO Rz. 1). Eine Auskunftspflicht wird durch § 87 FGO nicht begründet, sondern vorausgesetzt (Schallmoser in HHSp, § 87 FGO Rz. 5; Herbert in Gräber, § 87 FGO Rz. 2; Seer in Tipke/Kruse, § 87 FGO Rz. 1; Stiepel in Gosch, § 87 FGO Rz. 2). Als aussage- und eidespflichtige Zeugen im Rechtssinne kommen nur natürliche Personen in Betracht (Fu in Schwarz, § 87 FGO Rz. 1). Dem steht es nicht entgegen, Auskunftsersuchen auch an juristische Personen, Personenvereinigungen, Gesellschaften und andere nichtrechtsfähige Gebilde zu richten. Allerdings kann die Erfüllung eines derartigen Ersuchens vom Gericht nicht erzwungen werden; § 82 FGO i. V. m. § 380 ZPO gilt nur gegenüber natürlichen Personen und die §§ 328ff. AO sind im finanzgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar. Die Ladung des Zeugen erfolgt, sofern seine Namen und seine ladungsfähige Anschrift bekannt sind, unter dieser, im Übrigen über die Behörde, den Verband etc. (Schallmoser in HHSp, § 87 FGO Rz. 9 ff.; Stiepel in Gosch, § 87 FGO Rz. 4 ff.; a. A. Seer in Tipke/Kruse, § 87 FGO Rz. 2: Ladung zwingend an die zur Vertretung der Behörde etc. berufene Person, die den Zeugen ggf. namentlich feststellt und die Ladung weitergibt).

Kommt der BFH zum Ergebnis, dass kein Verweigerungsgrund vorliegt, dürfen die Urkunden etc. im Finanzprozess verwertet werden. Legt die betroffene Behörde dennoch die Urkunden, Akten oder Dokumente nicht vor oder verweigert sie die begehrte Auskunft, ist die unterlassene Handlung nicht erzwingbar (§ 89 FGO i. V. m. § 255 AO). Die Weigerung der Behörde ist dann im Rahmen der allgemeinen Regelungen über die Feststellungslast nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO zu würdigen (Koch in Gräber, § 86 FGO Rz. 17; Schallmoser in HHSp, § 86 FGO Rz. 62; Seer in Tipke/Kruse, § 86 FGO Rz. 28). Ist die Verweigerung nach der Entscheidung des BFH demgegenüber rechtmäßig, darf das FG aus der Verweigerung keine nachteiligen Schlüsse für die beklagte Behörde ziehen (Herbert in Gräber, § 86 FGO Rz. 23; Schallmoser in HHSp, § 86 FGO Rz. 62; Seer in Tipke/Kruse, § 86 FGO Rz. 28).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der BFH entscheidet durch unanfechtbaren Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Ausnahmsweise kann eine isolierte Beschwerdemöglichkeit bestehen, wenn der Beteiligte sein Rechtsschutzbegehren ohne entsprechende Akteneinsicht nicht effektiv formulieren könnte (BFH v. 19.08.2008, III S 38/08, juris). Der Beschluss ist so zu begründen, dass – sofern die Verweigerung rechtmäßig ist – Art und Inhalt der geheim gehaltenen Dokumente, Akten oder Auskünfte nicht erkennbar werden (§ 86 Abs. 3 Satz 8 FGO). Der Zwischenstreit gem. § 86 Abs. 3 FGO ist grds. ein selbstständiges Nebenverfahren, sodass eine Kostenentscheidung notwendig ist (BFH v. 17.09.2007, I B 93/07, BFH/NV 2008, 387; BFH v. 15.10.2009, X S 9/09, BFH/NV 2010, 54; BFH v. 03.06.2015, VII S 11/15, BFH/NV 2015, 1100; Fu in Schwarz, § 86 FGO Rz. 31; a. A. BFH v. 16.01.2013, III S 38/11, BFH/NV 2013, 701; Seer in Tipke/Kruse, § 86 FGO Rz. 19; Stiepel in Gosch, § 86 FGO Rz. 80). Es handelt sich aber dann um ein unselbständiges Zwischenverfahren ohne eigenständige Kostenentscheidung, wenn der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO erfolglos geblieben und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 FGO in Anspruch genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist (BFH v. 25.02.2014, V B 60/12, BStBl II 2014, 478; auch s. § 143 FGO Rz. 2).

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