Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 189 AO betrifft ausschließlich die Änderung von Zerlegungsbescheiden i. S. des § 188 AO und regelt den Sonderfall, dass ein anspruchsberechtigter Steuerberechtigter übergangen, d. h. überhaupt nicht berücksichtigt worden ist, nicht aber den Fall, dass eine Gemeinde zwar berücksichtigt wurde, aber mit einem zu hohen oder zu niedrigen Anteil (BFH v. 07.09.2005, VIII R 42/02, BFH/NV 2006, 498). Die Vorschrift verdrängt nur insoweit die allgemeinen Änderungsregelungen der §§ 172ff. AO, deren sinngemäße Anwendung im Übrigen sich aus § 185 AO i. V. m. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt (s. Rz. 8).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 189 Satz 1 AO ist eine Zerlegung nachzuholen oder zu ändern, wenn der Anspruch eines Steuerberechtigten auf einen Anteil am Steuermessbetrag nicht berücksichtigt und auch nicht zurückgewiesen worden ist, d. h. die Zerlegungsentscheidung insoweit eine Lücke aufweist. Ist dagegen über die Nichtberücksichtigung des Anspruchs eines Steuerberechtigten ausdrücklich entschieden worden, ist seine Verfolgung nur im Rechtsbehelfsverfahren möglich. Die Änderung oder Nachholung kann von Amts wegen oder auf Antrag erfolgen. Antragsberechtigt ist lediglich die übergangene Gemeinde, nicht der Stpfl., auch nicht in Anwendung der Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (BFH v. 08.11.2000, I R 1/00, BStBl II 2001, 769). Die Übermittlung einer Gewerbeanmeldung an das FA durch die Gemeinde stellt keinen Antrag i. S. des § 189 AO dar (BFH v. 25.02.1972, VIII R 21/66, BStBl II 1972, 472). § 189 AO ermöglicht nicht die Korrektur der fehlerhaften Berücksichtigung einer nicht steuerberechtigten Gemeinde (BFH v. 20.04.1999, VIII R 13/97; BStBl II 1999, 542).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 189 Satz 2 AO sind bei Unanfechtbarkeit des Zerlegungsbescheids nur solche Änderungen zulässig, die sich aus der nachträglichen Berücksichtigung des übergangenen Steuerberechtigten ergeben. Die Vorschrift lässt bei Änderung die Unanfechtbarkeit der bereits getroffenen Zerlegungsentscheidung unberührt mit der Folge, dass das Zerlegungsverfahren nicht wieder aufgerollt wird. Bereits unanfechtbar gewordene Entscheidungen dürfen nur insoweit geändert werden, als dies zur Berücksichtigung des bisher übergangenen Steuerberechtigten notwendig ist (s. auch BFH v. 24.03.1992, VIII R 33/90, BStBl II 1992, 869). Allerdings ist § 177 AO anwendbar (s. Rz. 8).

 

Tz. 4

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Die nachträgliche Berücksichtigung eines Steuerberechtigten durch Änderung des Zerlegungsbescheids oder Nachholung der Zerlegung ist nach § 189 Satz 3 AO nur innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr seit Unanfechtbarkeit des Steuermessbescheids zulässig, gleichgültig, ob es sich bei diesem um einen Erst- oder einen Änderungsbescheid handelt. Daher beginnt die Jahresfrist jeweils erneut zu laufen, sobald ein Gewerbesteuermessbescheid geändert, ein den Steuermessbetrag betreffender Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben oder die vorläufige Festsetzung eines Steuermessbetrags für endgültig erklärt und der Bescheid unanfechtbar wird. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung schließt Änderung oder Nachholung nach § 189 AO nicht aus (BFH v. 28.06.2000, I R 84/98, BStBl II 2001, 3 m. w. N.). Bei Versäumung der Ausschlussfrist ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO möglich.

 

Tz. 5

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Die Frist ist gewahrt, wenn der übergangene Steuerberechtigte vor Fristablauf, ggf. auch schon vor Erlass des Steuermessbescheids (BFH v. 22.09.1977, IV R 10/73, BStBl II 1978, 120), die Änderung oder Nachholung der Zerlegung beantragt. Ein Antrag des Stpfl. wahrt die Frist nicht (BFH v. 08.11.2000, I R 1/00, BStBl II 2001, 769).

 

Tz. 6

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Der fristgerecht gestellte Antrag beseitigt die Zerlegungssperre nur für denjenigen Steuerberechtigten, der den Antrag gestellt hat (BFH v. 17.02.1993, I R 19/92, BStBl II 1993, 679).

 

Tz. 7

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Soweit durch die vorzunehmende Änderung in die Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird, muss gem. § 91 AO rechtliches Gehör gewährt werden.

 

Tz. 8

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§ 189 AO schließt die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften nach §§ 172ff. AO einschließlich des § 177 AO (i. V. m. § 185 und § 184 Abs. 1 Satz 3 AO) nicht aus, soweit der Anwendungsbereich des § 189 AO nicht betroffen ist (BFH v. 24.03.1992, VIII R 33/90, BStBl II 1992, 869; BFH v. 20.04.1999, VIII R 13/97, BStBl II 1999, 542; Bartone in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1656 m. w. N.).

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