Schrifttum

von Wedelstädt, Die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden nach den §§ 164, 165, 172 bis 177 AO, DB-Beilage Nr. 20/86;

Trzaskalik, Über die Vorbehaltsfestsetzung und die Steueranmeldung, StuW 1993, 371;

Leisner, Vorbehaltsfestsetzungen und Vertrauensschutz, DStZ 1999, 358;

Günther, Aufhebung und Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung, AO-StB 2007, 104;

Weber, Fehlender Vorbehalt der Nachprüfung als "offenbare Unrichtigkeit" i. S. von § 129 AO – Eine "offenbare" Unrichtigkeit, DStR 2007, 1561;

von Wedelstädt, Prognoseentscheidungen des materiellen Steuerrechts, AO-StB 2007, 297;

von Wedelstädt, Steuerliche Wahlrechte im Korrektursystem der AO, AO-StB 2012, 150;

Seer/Kiesen, Kein Vorbehalt der Nachprüfung für eigenständigen Billigkeitserweis, NWB 2013, 33.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift dient der Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens, indem sie die Möglichkeit eröffnet, Steuererklärungen ohne eingehendere Prüfung zu bearbeiten und die Überprüfung auf einen späteren Zeitpunkt aufzuschieben. Der Vorbehalt der Nachprüfung ermöglicht, innerhalb der normalen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 1 Nr. 2 AO die Steuerfestsetzung in vollem Umfang aufzuheben oder zu ändern. Die Steuerfestsetzung wird nur formell, d. h. im Sinne der Anfechtbarkeit, nicht jedoch materiell, d. h. inhaltlich, bestandskräftig (BFH v. 11.12.1997, V R 50/94, BStBl II 1998, 420).

B. Anwendungsbereich der Vorschrift

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Unter Vorbehalt der Nachprüfung können nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO Steuern festgesetzt werden. Die Vorschrift ist nicht auf Steuerbescheide i. S. des § 155 Abs. 1 Satz 1 AO beschränkt, sondern auf alle Steuerbescheiden gleichgestellte Bescheide anwendbar, also auf Freistellungsbescheide (§ 155 Abs. 1 Satz 3 AO), Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO), Steuermessbescheide (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO), Zerlegungsbescheide (§ 185 Abs. 1 AO i. V. m. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO), Zuteilungsbescheide (§ 190 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. §§ 185 Abs. 1, 184 Abs. 1 Satz 3 AO), Zinsbescheide (§ 239 Abs. 1 AO), Vergütungsbescheide (§ 155 Abs. 4 AO), also auch Kindergeldgeldbescheide und Bescheide über Zulagen und Prämien, soweit in den entsprechenden Gesetzen auf § 155 Abs. 4 AO verwiesen wird (s. AEAO zu § 164, Nr. 2).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Festsetzung einer Vorauszahlung (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO) ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung. Die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen i. S. des § 179 Absatz 1 AO, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 39 Abs. 1 Satz 4 EStG), sodass es eines ausdrücklichen Hinweises auf den Vorbehalt der Nachprüfung nicht bedarf. Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Keine Anwendung findet § 164 AO auf Abgabenbescheide nach dem UZK, da Art. 101 f. UZK dem entgegenstehen (Deimel in HHSp, Art. 102 UZK Rz. 12). § 164 AO ist nicht auf Steuerverwaltungsakte anwendbar, die unter §§ 130 und 131 AO fallen, also auch nicht auf Haftungsbescheide.

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO lässt die Vorbehaltsfestsetzung "allgemein oder im Einzelfall" zu. Damit ermöglicht die Vorschrift der Finanzbehörde, die Vorbehaltsfestsetzung für Gruppen von Stpfl. anzuordnen wie z. B. für Großbetriebe, die der regelmäßigen Betriebsprüfung nach § 4 Abs. 2 BpO unterliegen, oder für solche Steuerfälle, in denen für den betreffenden Veranlagungszeitraum eine Betriebsprüfung vorgesehen ist.

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Auch Schätzungsbescheide können unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen. Schätzungsfestsetzungen wegen Nichtabgabe der Steuererklärung sollen unter Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt werden, wenn der Fall für eine eventuelle spätere Überprüfung offengehalten werden soll; dies gilt z. B., wenn eine Außenprüfung vorgesehen ist oder zu erwarten ist, dass der Stpfl. nach Erlass des Bescheids die Steuererklärung nachreicht (AEAO zu § 162, Nr. 4 Abs. 1; s. § 162 AO Rz. 60). Wird bei Schätzungsveranlagungen ohne Vorbehalt der Nachprüfung vom Stpfl. im Klageverfahren die Steuererklärung nachgereicht und zum Anlass einer Änderung genommen, kann der Änderungsbescheid mit Zustimmung des Stpfl. unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellt werden (BFH v. 30.10.1980, IV R 168-170/79, BStBl II 1981, 150;AEAO zu § 367, Nr. 5 Abs. 3 Satz 2), da § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO nach § 132 AO im gerichtlichen Verfahren anwendbar ist.

C. Voraussetzungen des Vorbehalts der Nachprüfung

I. "Nicht abschließend geprüft"

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Einzige Voraussetzung für den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO ist, dass der Steuerfall noch nicht abschließend geprüft ist. Unter Prüfung ist jegliche Prüfung im Rahmen der Ermittlungen nicht nur hinsichtlich des Sachverhalts, sondern auch hinsichtlich der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts zu verstehen, und zwar im Veranlagungsbereich am "gr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge