Tz. 21

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 176 Abs. 1 Satz 2 AO behandelt den Sonderfall, dass ein Stpfl. in seiner Steuererklärung oder seiner Steueranmeldung die bisherige Rechtsprechung in einer Weise berücksichtigt hat, dass die Finanzbehörde dies nicht erkennen konnte. Zu denken wäre etwa an die Nichterwähnung von Einkünften (Umsätzen), weil sie nach der bisherigen Rspr. nicht steuerbar waren, oder an die Verringerung des Gewinns/Überschusses durch Ausgaben, deren Abzugsfähigkeit in der bisherigen Rspr. anerkannt war. Dies gilt insbes. für Steueranmeldungen, die zumeist keine eigene Steuerfestsetzung durch das FA erfordern (§ 168 AO). Der Vertrauensschutz des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gilt nur dann, wenn anzunehmen ist, dass die Finanzbehörde bei Kenntnis der Umstände die bisherige Rechtsprechung angewandt hätte. Hiervon wird man grundsätzlich ausgehen können, wenn die Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ausdrücklich in allgemeinen Verwaltungsanweisungen suspendiert war (Loose in Tipke/Kruse, § 176 AO Rz. 19). Auch aus sonstigen Umständen, etwa dem Verhalten der Finanzbehörde in früheren Kalenderjahren gegenüber demselben Stpfl. oder in gleichartigen Steuerfällen, die einen Dritten betreffen, kann sich die Berechtigung der Annahme ergeben. Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn der Stpfl. aufgrund einer Rechtsprechungsänderung die Aufhebung eines ihn belastenden Bescheides fordert und erreicht und später geltend macht, er habe auf die Anwendung der früheren Rspr. vertraut und sei nicht bereit, die für ihn negativen Folgen der Rechtsprechungsänderung hinzunehmen (BFH v. 08.02.1995, I R 127/93, BStBl II 1995, 764; AEAO zu § 176, Nr. 4).

 

Tz. 22

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

vorläufig frei

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