Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die betreffende Person muss die Wohnung innehaben, d. h. tatsächlich über sie jederzeit und unbeschränkt verfügen können und diese subjektiv zu einer entsprechenden Nutzung bestimmen. Hierdurch unterscheidet sich die bloße Aufenthaltnahme von dem Wohnsitz (BFH v. 13.11.2013, I R 38/13, BFH/NV 2014, 1046), s. § 9 AO Rz. 2. Es ist eine Nutzung erforderlich, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht, die aber weder regelmäßig noch über längere Zeit erfolgen muss (BFH v. 30.06.2004, VIII B 132/04, BFH/NV 2004, 1639). Es kommt nicht darauf an, dass am Ort der Wohnung der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt (BFH v. 24.01.2001, I R 100/99, BFH/NV 2001, 1402).

 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine Wohnung kann jemand auch durch Familienangehörige innehaben (s. FG Ha v. 07.03.1997, I 135/94, EFG 1997, 1153). Regelmäßig ist davon auszugehen, dass jemand an dem Ort, an dem die Familie eine Wohnung innehat und benutzt, selbst einen Wohnsitz hat (BFH v. 17.05.1995, I R 8/94, BStBl II 1996, 2 m. w. N.). Dies gilt uneingeschränkt jedoch nur für das "Beibehalten" eines bereits vorhandenen Wohnsitzes. Dagegen ist die "Begründung" eines inländischen Wohnsitzes ohne einen Aufenthalt im Inland grds. nicht möglich. Ein im Ausland geborenes Kind teilt bereits von Geburt an den inländischen (Familien-)Wohnsitz seiner Eltern. Dies gilt jedoch nur, wenn sich die Mutter nur zur Entbindung im Ausland aufgehalten hat und das Kind innerhalb angemessener Zeit nach Deutschland gebracht wird. Kann das Kind den Wohnsitz der Eltern im Inland aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht aufsuchen, kann es dort (zunächst) auch keinen eigenen Wohnsitz begründen (BFH v. 27.02.2014, V R 15/13, BFH/NV 2014, 103; v. 07.04.2011, III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351).

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wem ein Zimmer nur zu Besuchszwecken bereitgehalten wird, der hat dort keine Wohnung (s. BFH v. 17.03.1961, VI 185/60 U, BStBl III 1961, 298 betr. einen ausgewanderten Sohn, der immer wieder in die inländische Wohnung seiner Mutter zurückkehrte; BFH v. 25.01.1989, I R 205/82, BStBl II 1990, 687 und BFH v. 14.10.2011, III B 202/10, BFH/NV 2012, 226 betr. Zimmer mit Schlafgelegenheit bei im nahen Ausland vorhandenem Einfamilienhaus). Der bloße Besitz einer Wohnung, eines Ein- oder Zweifamilienhauses, die zur nicht nur kurzfristigen Vermietung oder zum Verkauf bestimmt sind, begründet keinen Wohnsitz (AEAO zu § 8, Nr. 6). Ein abgelegenes Haus, das während der Schulferien der Kinder benutzt wird, ist ebenso wenig Wohnung (BFH v. 24.04.1964, VI 236/62 U, BStBl III 1964, 462), wie sonstige in unregelmäßigen Abständen zu Erholungszwecken benutzte Zweit- oder Ferienwohnungen (BFH v. 06.03.1968, I 38/65, BStBl II 1968, 439). Der planmäßige und regelmäßige Aufenthalt in der am Arbeitsort befindlichen Wohnung eines Verwandten führt nicht zum Innehaben einer Wohnung, wenn dem Stpfl. dort nicht ein Zimmer ständig zur eigenen Benutzung zur Verfügung steht (BFH v. 24.10.1969, IV 290/64, BStBl II 1970, 109).

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