Tz. 94

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Höhe des Streitwerts bestimmt sich nach dem Grundsatz des § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache und ist nach Ermessen zu bewerten. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5000 Euro als Auffangwert anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Dies gilt auch dann, wenn das Vorbringen des Klägers so verworren ist, dass es einen bestimmten Gegenstand des Streites nicht erkennen lässt (BFH v. 29.11.1977, VII E 12/77, BStBl II 1978, 135). Kein Ermessen besteht, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft; in solchen Fällen ist der genannte Betrag maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Dies gilt insbes. für Steuerbescheide und Haftungsbescheide. Die Höhe des Streitwerts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (§§ 69, 114 FGO) bestimmt sich gem. § 53 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 GKG nach § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG; die Anwendung des Mindeststreitwerts in diesen Verfahren ist ausgeschlossen, da § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG nicht vom Verweis in § 53 Abs. 2 GKG nicht erfasst ist (Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rz. 125). Im Revisionsverfahren ist der Antrag des Revisionsführers wertbestimmend (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG); endet das Verfahren vor Antragstellung, bestimmt sich der Streitwert nach der Beschwer (§ 47 Abs. 1 Satz 2 GKG). Liegt der Streitwert unter 1000 Euro, ist gem. § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG der Mindeststreitwert von 1500 Euro anzusetzen. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG bestehen nicht (BFH v. 31.05.2007, V E 2/06, BStBl II 2007, 791; BFH v. 16.10.2012, V E 3/12, BFH/NV 2013, 81). Für Anträge auf AdV s. Rz. 130. Eine besondere Regelung enthält § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG: Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf (dazu Th. Müller, BB 2013, 2519; vgl. auch Schwarz in HHSp, § 139 FGO Rz. 219). In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten bestimmt sich der Streitwert nach § 52 Abs. 3 Satz 3 GKG i. V. m. § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG nach dem einfachen Jahresbetrag der begehrten Kindergeldfestsetzung.

 

Tz. 94a

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nachträgliche Minderungen durch Antragsbeschränkung bleiben außer Betracht (BFH v. 09.11.1962, IV 48 224/59, HFR 1963, 140), jedoch ist bei Antragserweiterungen den in der Instanz entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde zu legen. Der Streitwert ist auch dann nach den Sachanträgen des Rechtsbehelfsführers zu bemessen, wenn eine Steuererhöhung erstrebt wird und der Rechtsbehelf unzulässig ist (BFH v. 26.01.1970, IV 204/64, BStBl II 1970, 493). Zinsen werden ebenso wenig berücksichtigt (§ 43 GKG) wie Umstände, die außerhalb des Steuerverfahrens liegen oder andere Steuersubjekte betreffen. Bei Verbindung mehrerer Streitsachen zur einheitlichen Verhandlung und Entscheidung (§ 73 Abs. 1 FGO) sind die jeweiligen, getrennt zu ermittelnden Streitwerte der verbundenen Verfahren zusammenzurechnen (BFH v. 18.06.1969, I B 8/69, BStBl II 1969, 587; BFH v. 13.09.2012, X E 5/12, BFH/NV 2013, 386; BFH v. 20.02.2013, X E 8/12, BFH/NV 2013, 763). Der Streitwert für ein abgetrenntes Verfahren ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Klageerhebung festzusetzen (FG Nds v. 02.07.2010, 12 K 8/09, EFG 2010, 1823). Bei einer einheitlichen Entscheidung über mehrere Klagebegehren aufgrund objektiver Klagehäufung (§ 43 FGO) sind die sich aus den einzelnen Begehren ergebenden streitigen Beträge gem. § 39 Abs. 1 GKG zu einem Gesamtstreitwert zusammenzurechnen (BFH v. 30.08.2011, IV E 7/11, BFH/NV 2012, 55). Wurden im Klageverfahren mit dem Haupt- und Hilfsantrag unterschiedliche Streitgegenstände geltend gemacht und ist über beide Anträge vom FG entschieden worden, sind die Streitwerte für Haupt- und Hilfsantrag zusammenzurechnen (BFH v. 23.09.2003, IX E 10/03, BFH/NV 2004, 77). Für Handlungen, die nur einen Teil des Streitgegenstandes betreffen, sind die Gebühren nur nach dem Wert dieses Teils zu berechnen (§ 36 Abs. 1 GKG); dabei ist jedoch zu beachten, dass bei gleichen Handlungen betreffend einzelne Wertteile insgesamt nicht mehr erhoben werden darf, als wenn die Gebühr von dem Gesamtbetrag der Wertteile zu berechnen wäre (§ 36 Abs. 2 GKG).

 

Tz. 95

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für die Ermittlung des Streitwerts im finanzgerichtlichen Verfahren gelten für die wichtigsten Einzelfälle folgende Grundsätze (im Übrigen Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rz. 145 ff.; Jost, Streitwert-ABC (S. 39 ff.); Hartmann, Anh. II § 13 GKG Rz. 2 ff.; Ratschow in Gräber, Vor § 135 FGO Rz. 160; H. Schwarz in HHSp, § 139 FGO R...

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