Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 91 Abs. 2 AO kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist. Für die hiernach zu treffende Ermessensentscheidung der Behörde gibt die in § 91 Abs. 2 AO enthaltene Aufzählung von Beispielen Orientierungshilfe. Dabei handelt es sich insbes. um Verwaltungsakte, die – was im Besteuerungsverfahren selten praktisch sein dürfte – eilbedürftig (§ 91 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder wegen drohenden Fristablaufs (z. B. Festsetzungsfrist; hierzu kritisch Seer in Tipke/Kruse, § 91 AO Rz. 16) dringlich (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 AO) sind; desgleichen Verwaltungsakte, bei denen von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten lediglich zu dessen Vorteil (oder überhaupt nicht) abgewichen werden soll (§ 91 Abs. 2 Nr. 3 AO). § 91 Abs. 2 Nr. 4 AO zielt darauf ab, die vorherige Anhörung der Betroffenen in den Fällen zu ersparen, in denen entweder ein zweckmäßiges vereinfachtes Vorgehen der Behörde in Form des Erlasses von Allgemeinverfügungen sinnlos erschwert würde (z. B. bei öffentlichen Aufforderungen zur Abgabe von Steuererklärungen oder Leistung von Vorauszahlung) oder Massenverfahren in unzumutbarer Weise behindert würden. § 91 Abs. 2 Nr. 4 AO darf jedoch nicht in der Weise missverstanden werden, dass dadurch eine Befreiung von der Anhörungspflicht bei all den Steuern bewirkt werden sollte, die, wie z. B. die Veranlagungssteuern, eine große Zahl von Steuerpflichtigen betreffen oder elektronisch veranlagt werden. Hierbei handelt es sich schon nicht um gleichartige Verwaltungsakte. Zudem wäre die Einbeziehung von Steuerbescheiden ein Widerspruch zu § 91 Abs. 1 Satz 2 AO. Vielmehr ist dabei an routinemäßige Verwaltungsakte gedacht, wie z. B. die Kontoauszüge der Finanzkassen mit den entsprechenden Leistungsgeboten. § 91 Abs. 2 Nr. 5 AO gestattet die Unterlassung der Anhörung in Bezug auf Maßnahmen in der Vollstreckung. Diese Ausnahmeregelung ist in erster Linie durch die besondere Zielsetzung des Vollstreckungsverfahrens bedingt. Durch die vorherige Anhörung würde der Vollstreckungsschuldner häufig in die Lage versetzt, die geplante Vollstreckungsmaßnahme zu vereiteln.

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