Tz. 72

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Als Täter gilt, wer die Straftat als eigene will. Er kann die Tat selbst oder durch einen anderen begehen, den er als Werkzeug benutzt (mittelbare Täterschaft; § 25 Abs. 1 StGB; BFH v. 13.12.1989, I R 39/88, BStBl II 1990, 340; BGH v. 27.11.2002, 5 StR 127/02, NJW 2003, 907; BGH v. 12.10.2016, 1 StR 216/16, wistra 2017, 233). Begehen mehrere die Straftat in gemeinschaftlichem (bewussten und gewollten) sich gegenseitig fördernden Zusammenwirken, so gilt jeder als Täter (Mittäter; § 25 Abs. 2 StGB; BGH v. 30.10.2003, 5 StR 274/03, wistra 2004, 63; Steuerberater als Mittäter im Rahmen eines "Umsatzsteuerkarussells", BGH v. 30.06.2005, 5 StR 12/05, wistra 2005, 380).

 

Tz. 73

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun können neben dem Steuerpflichtigen auch andere Personen sein, da § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nur darauf abstellt, dass der Betroffene unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Auf seine verfahrensrechtliche Stellung kommt es anders als bei der Nr. 2 (Unterlassen) nicht an. Eine gemeinsame strafrechtliche Mitverantwortung von Ehegatten/Lebenspartnern ergibt sich allerdings nicht allein daraus, dass ein Ehegatte/Lebenspartner eine gemeinsame Steuererklärung mit unterschreibt, in der allein der andere Ehegatte/Lebenspartner unrichtige oder unvollständige Angaben über seine eigenen Einkünfte macht (BGH v. 17.04.2008, 5 StR 547/07, wistra 2008, 310; BFH v. 16.04.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; a. A. Rolletschke, DStZ 1999, 216). Hier müssen u. E. Umstände hinzutreten, die die strafrechtliche Mitverantwortung – wie bei fremden Dritten auch – begründen.

 

Tz. 74

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Auch ein Finanzbeamter kann ein Hinterziehungstäter sein, z. B. ein Betriebsprüfer, der nicht versteuerte Werte wissentlich nicht aufdeckt (RG v. 28.01.1938, RStBl 1938, 388), oder ein Beamter, der einem verspäteten Antrag in Kenntnis der Sachlage pflichtwidrig stattgibt (BGH v. 26.11.1954, 2 StR 292/54, NJW 1955, 192), ebenso ein Buchhalter in der Finanzkasse, der zugunsten eines Steuerpflichtigen auf eine Verkürzung seiner Zahlungspflicht hinwirkt (BGH v. 07.10.1986, 1 StR 373/86, wistra 1987, 27).

 

Tz. 74a

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen können nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur solche Personen sein, die von einer Pflichtenstellung betroffen sind. Das sind insbes. solche, die nach den §§ 34 und 35 AO die Pflichten des Steuerpflichtigen zu erfüllen haben oder sonst steuerliche Belange des Pflichtigen wahrnehmen. In diesen Bereich fallen neben gesetzlichen Vertretern natürlicher und juristischer Personen sowie Geschäftsführern nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen auch Vermögensverwalter, Angestellte und sonstige Hilfspersonen des Steuerpflichtigen (zur Täter- bzw. Mittäterschaft, wenn gesetzlich keine steuerlichen Pflichten zugewiesen sind, BGH v. 06.10.1989, 3 StR 80/89, HFR 1990, 582) Beim Handeln sog. Organpersonen hat § 14 StGB im Steuerstrafrecht nur eine untergeordnete Bedeutung, da Täter einer Steuerhinterziehung grundsätzlich ein anderer als der Steuerpflichtige sein kann und die §§ 34 und 35 AO den dort genannten Personen die Erfüllung steuerlicher Pflichten als eigene Pflichten auferlegen.

 

Tz. 74b

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Aus Art. 139 UZK ergibt sich die zollrechtliche Gestellungspflicht der Personen, die Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht haben. Das ist z. B. der Fahrer eines Lkw, aber auch Beifahrer im Fahrzeug, die für die Beförderung mit zuständig sind (EuGH v. 04.03.2004, C-238/02 und C C-246/02, wistra 2004, 376). Gestellungspflichtig ist aber auch derjenige, der als Organisator eines Transports kraft seiner Weisungsbefugnis die Herrschaft über das Fahrzeug hat (BGH v. 01.02.2007, 5 StR 372/06, NJW 2007, 1294; a. A. Bender, wistra 2004, 268, 370; ders., wistra 2006, 41). Nutzt dieser das Verhalten einer anderen arglosen Person aus, kann mittelbare Täterschaft vorliegen (BGH v. 14.03.2007, 5 StR 461/06, wistra 2007, 262).

 

Tz. 75

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Aus der Rechtsprechung: BGH v. 19.12.1978, 5 StR 552/78, HFR 1979, 445: Mitwirkung bei "Verlustzuweisungen" an Kommanditisten, die aufgrund rückdatierter Erklärungen der Gesellschaft beigetreten sind; desgl. an irreführender Kommanditistenwerbung, als Beihilfe zur Steuerhinterziehung; BGH v. 19.10.1987, 3 StR 589/86, wistra 1988, 263: Strafbarkeit der Initiatoren und der nicht gutgläubigen Gesellschafter einer Abschreibungsgesellschaft; BGH v. 05.05.1981, 1 StR 80/81, wistra 1982, 28; BGH v. 05.08.1981, 1 StR 80/81, HFR 1982, 83: zur Abgrenzung zwischen Beihilfe und Mittäterschaft; BGH v. 07.07.1993, 5 StR 212/93, wistra 1993, 302; BGH v. 30.06.2005, 5 StR 12/05, wistra 2005, 380: Steuerberater als Mittäter.

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