Tz. 33

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Mit dem Einspruch gegen die vorläufige Steuerfestsetzung können die fehlenden Voraussetzungen für die Vorläufigkeit sowie die Fehlerhaftigkeit der Steuerfestsetzung selbst gerügt werden; eine isolierte Anfechtung der Vorläufigkeit ohne gleichzeitige Anfechtung der gesamten Steuerfestsetzung ist nicht zulässig (BFH v. 25.10.1989, X R 109/87, BStBl II 1990, 278; Seer in Tipke/Kruse, § 165 AO Rz. 49). Das gilt auch, wenn der Vorläufigkeitsvermerk in einer Weise widersprüchlich ist, die sich nicht durch Auslegung beheben lässt, und er deshalb rechtwidrig ist (BFH v. 09.12.2009, II R 39/07, BFH/NV 2010, 821). Der Einspruch kann auch Einwendungen gegen die Wirksamkeit (Nichtigkeit) des Vorläufigkeitsvermerks enthalten (BFH v. 16.08.1995, VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125), auch wenn dies jederzeit von Amts wegen zu beachten ist. In einem anhängigen Einspruchsverfahren gegen einen vorläufigen Steuerbescheid ist das FA bei Erlass eines Änderungsbescheids auch zur Korrektur eines rechtswidrigen Vorläufigkeitsvermerks berechtigt und verpflichtet; einer Änderungsbefugnis aus § 165 Abs. 2 oder §§ 172ff. AO bedarf es insoweit nicht (BFH v. 26.10.2005, II R 9/01, BFH/NV 2006, 478 m. w. N.). Zum Rechtsschutzinteresse in Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO s. Rz. 14.

 

Tz. 34

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Fall einer ganz oder teilweise ablehnenden Einspruchsentscheidung ist gegen den Steuerbescheid die Klage gegeben. Richtet sich der Rechtsbehelf seinem Begehren nach nur gegen die Vorläufigkeit und ist er begründet, kann das FG den vorläufigen Bescheid nicht selbst durch einen endgültigen ersetzen, sondern muss gem. § 100 Abs. 1 FGO den vorläufigen Steuerbescheid und nicht nur die unselbstständige Nebenbestimmung aufheben (s. BFH v. 28.09.1990, II R 99/88, BStBl II 1990, 1043).

 

Tz. 35

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen den nach § 165 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheid ist der Einspruch und ggf. die Klage in den Grenzen des § 351 Abs. 1 AO bzw. § 42 FGO zulässig. Er kann auch Einwendungen gegen die Wirksamkeit (Nichtigkeit) des Vorläufigkeitsvermerks enthalten (BFH v. 25.07.2000, IX R 93/97, BStBl II 2001, 9 m. w. N.; BFH v. 26.07.2001, VI R 122/99, BStBl II 2002, 84; Seer in Tipke/Kruse, § 165 AO Rz. 52). Es kann auch eingewendet werden, dass eine Änderung nicht zulässig ist, weil die Vorläufigkeit nicht wegen tatsächlicher, sondern wegen rechtlicher Ungewissheit verfügt worden ist, oder weil die Änderung wegen eines Umstandes erfolgt ist (aber s. Rz. 27), der nicht Gegenstand der Vorläufigkeit ist. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Vorläufigkeit des Steuerbescheids dagegen können nicht mehr erhoben werden (BFH v. 16.09.2004, X R 22/01, BFH/NV 2005, 322 m. w. N.).

 

Tz. 36

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen den Steuerbescheid, mit dem der vorläufige Bescheid ganz oder teilweise für endgültig erklärt wird, kann gegen die insoweit nunmehr endgültige Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt und ggf. anschließend Klage erhoben werden (AEAO zu § 165, Nr. 11 Abs. 1 Satz 1). Dabei kann geltend gemacht werden, dass die Voraussetzungen für die Endgültigkeit nicht vorliegen oder dass die Steuerfestsetzung selbst fehlerhaft ist, ohne dass dem § 351 Abs. 1 AO entgegensteht, da der Steuerbescheid nicht i. S. des § 351 Abs. 1 AO geändert wird. Einwendungen können allerdings nur erhoben werden, soweit die Vorläufigkeit reichte, im Übrigen ist der Steuerbescheid materiell bestandskräftig (BFH v. 30.09.2010, III R 39/08, BStBl II 2011, 11 m. w. N.; Seer in Tipke/Kruse, § 165 AO Rz. 54; Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 165 AO Rz. 123, von Wedelstädt, DB 2011, 788; AEAO zu § 165, Nr. 11 Abs. 1 Satz 3). Das gilt auch, wenn die Rechtsfrage im Musterverfahren nicht i. S. des Stpfl. oder überhaupt nicht geklärt wird (BFH v. 30.09.2010, III R 39/08, BStBl II 2011, 11; von Wedelstädt, DB 2011, 788). Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung im Übrigen können wegen der Bestandskraft im Verfahren gegen den endgültigen Steuerbescheid nicht nachgeholt werden (st. Rspr.; BFH v. 16.09.2004, X R 22/01, BFH/NV 2005, 322 m. w. N.); das betrifft auch die Einwendung, im ursprünglichen Bescheid seien Umfang und Grund der Vorläufigkeit abweichend von § 165 Abs. 1 Satz 3 AO offengeblieben (BFH v. 16.08.1995, VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125).

 

Tz. 37

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen die Nachholung einer ausgesetzten Steuerfestsetzung sind Einspruch und Klage gegeben. Mit dem Rechtsbehelf gegen die Nachholung der Steuerfestsetzung kann nach Bestandskraft der Aussetzung der Steuerfestsetzung nicht geltend gemacht werden, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Steuerfestsetzung nicht vorgelegen hätten und daher die Festsetzungsfrist wegen Nichteingreifens von § 171 Abs. 8 AO bereits abgelaufen sei.

 

Tz. 38

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegen die Ablehnung des Antrags, eine Steuer vorläufig festzusetzen, wie auch, den vorläufigen Steuerbescheid aufzuheben, zu ändern oder für ...

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