Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Den objektiven Tatbestand der Bußgeldvorschrift des § 378 AO bildet die Verkürzung von Steuern oder die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile, entweder durch unrichtige oder unvollständige Angaben über steuererhebliche Tatsachen gegenüber Finanz- oder anderen Behörden (aktive Tathandlung) oder durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen der Finanzbehörden über steuererhebliche Tatsachen (Unterlassung). Eine dieser in § 370 Abs. 1 AO beschriebenen Taten muss der Steuerpflichtige oder eine andere Person bei Wahrnehmung der Angelegenheit eines Steuerpflichtigen begangen haben. Durch die Handlung oder das Unterlassen muss der Verkürzungserfolg eintreten. Zu den Einzelheiten des Tatbestandes des § 370 Abs. 1 AO s. § 370 AO Rz. 5 bis 50. Zur leichtfertigen Steuerverkürzung durch Nichtabgabe der erforderlichen Steuererklärung s. den instruktiven Fall des OLG Karlsruhe v. 03.03.1978, (3 Ss (B) 333/77, DStR 1978, 343).

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Unterschied zur Steuerhinterziehung kommt eine Geldbuße wegen Versuches einer leichtfertigen Steuerverkürzung nicht in Betracht, weil es dazu einer – in § 378 AO nicht enthaltenen – ausdrücklichen Gesetzesbestimmung bedürfte (s. § 13 Abs. 2 OWiG). Mithin muss die Verkürzung der Steuer eingetreten oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil erlangt sein (s. § 370 AO Rz. 22 bis 50).

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Während eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun von jedermann als Täter oder Teilnehmer begangen werden kann, nennt die leichtfertige Steuerverkürzung als Täter nur den Steuerpflichtigen und Personen, die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen den Taterfolg bewirken. Dies folgt aus der leichtfertigen Begehungsform des Deliktes, die in Gestalt der vorausgesetzten Vernachlässigung eines bestimmten Pflichtenkreises einen personalen Bezugspunkt benötigt. Unbeschadet dieser Eingrenzung liegt der leichtfertigen Steuerverkürzung ein einheitlicher Täterbegriff zugrunde, der zum Zwecke der leichteren Rechtsanwendung nicht zwischen dem eigentlichen Täter und den verschiedenen Formen der Teilnahme unterscheidet. Tragen zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung mehrere Personen bei, so handelt bzw. verhält sich jeder Beteiligte im Sinne des Gesetzes ordnungswidrig (s. § 14 OWiG; § 377 AO Rz. 15 f.).

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Begriff des Steuerpflichtigen im Sinne der Vorschrift ergibt sich aus § 33 AO. Hiernach ist Stpfl. nicht nur der Steuerschuldner oder der für eine Steuer Haftende, sondern darüber hinaus jeder, dem durch die Steuergesetze steuerliche Pflichten auferlegt werden. Damit sind auch alle diejenigen Personen als Steuerpflichtige anzusehen, die als Vertreter (Geschäftsführer, Vorstände) oder Verwalter von Vermögenswerten steuergesetzliche Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen zu erfüllen haben (s. § 34 AO). Einem Steuerpflichtigen steht gleich, wer in fremdem Namen als Verfügungsberechtigter auftritt (s. § 35 AO). Zu den einschlägigen steuergesetzlichen Pflichten gehören insbes. die in Betracht kommenden Anzeige-, Anmeldungs-, Erklärungs- und sonstigen Mitwirkungspflichten (s. § 90 AO). Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um Pflichten handelt, die in einem Steuergesetz auferlegt sind. Sind Pflichten dieser Art rechtsgeschäftlich (kraft Auftrags oder Vertrages) übernommen, kommt ihre Verletzung nur in der Alternativform der Wahrnehmung von Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen in Betracht. Diese zielt in erster Linie auf die Begehung durch Angestellte oder sonstige Hilfspersonen des Steuerpflichtigen. Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung kann aber nur der sein, der in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Steuerpflichtigen selbst gegenüber dem FA handelt bzw. handeln müsste. Dies ist auch bei einem Steuerberater, der eine durch den Steuerpflichtigen einzureichende Erklärung vorbereitet, der Fall (BFH v. 19.12.2002, IV R 37/01, BStBl II 2003, 385; OLG Karlsruhe v. 09.03.1986, 3 Ws 147/85, wistra 1986, 257; Joecks in JJR, § 378 AO Rz. 52 ff.; a. A. BFH v. 29.10.2013, VIII R 27/10, BStBl II 2014, 295: keine eigenen Angaben des Beraters; OLG Zweibrücken v. 23.10.2008, 1 Ss 140/08, wistra 2009, 127). Die Wahrnehmung von Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen ist auch in Gestalt eigenmächtigen bzw. vollmachtslosen Handelns denkbar. Der Notar handelt bei der Anzeigeerstattung nach § 18 GrEStG auch nicht in "Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl." i. S. des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO, da es sich hier nicht um eine rechtsgeschäftliche Beauftragung durch den Stpfl. handelt, sondern um eine gesetzliche Pflicht (BFH v. 03.03.2015, II R 30/13, BStBl II 2015, 777).

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