Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 171 AO regelt die Fälle der Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung (i. Ü. s. Rz. 4). Ebenso wie bei der Anlaufhemmung gem. § 170 AO wird die regelmäßige Festsetzungsfrist des § 169 AO beeinflusst. In beiden Fällen ruht die Festsetzungsfrist, d. h., der Zeitraum, während der die Festsetzungsfrist gehemmt ist, wird nicht in die Frist mit eingerechnet. Die beiden Hemmungstatbestände unterscheiden sich insoweit, als dass bei der Anlaufhemmung der Beginn der Festsetzungsfrist um die gehemmte Zeit, bei der Ablaufhemmung der Ablauf der Festsetzungsfrist um die gehemmte Zeit hinausgezögert wird. Hierdurch wird der planmäßige Eintritt der Festsetzungsverjährung hinausgeschoben (BFH v. 27.07.1994, XI S 1/94, BStBl II 1994, 787; BFH v. 14.09.2007, VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25 m. w. N.). Während nach § 209 BGB die Verjährungsfrist um die Hemmungszeit zu verlängern ist, führt die Ablaufhemmung gem. § 171 AO gerade nicht dazu, dass mit Wegfall des Hemmungstatbestands die ursprüngliche Festsetzungsfrist ab dem Zeitpunkt weiterläuft, in dem der Hemmungstatbestand eingetreten ist (BFH v. 10.12.2003, X B 134/02, BFH/NV 2004, 906).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der ungehemmte Ablauf der Festsetzungsfrist wäre in besonders gelagerten Fällen ungerechtfertigt. In einer Reihe von Verfahrensabläufen, die sowohl der Finanzbehörde als auch den am Besteuerungsverfahren Beteiligten Rechte und Pflichten übertragen, erfordert die Wahrnehmung dieser Rechte und Pflichten einen hohen Zeitaufwand, den die Regeln der Ablaufhemmung berücksichtigen.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 171 AO regelt in 18 bestimmten, grds. nebeneinander anwendbaren Fällen den Zeitpunkt, bis zu dem die Festsetzungsfrist nicht abläuft. Sie endet in diesen Fällen meist nicht – wie im Normalfall – am Ende, sondern im Laufe eines Kalenderjahres (AEAO zu § 171, Nr. 1). Werden in einem Fall mehrere Tatbestände mit unterschiedlichen Ablauffristen gleichzeitig erfüllt, gilt im Zweifel die weitergehende Frist (BFH v. 17.02.1982, II R 176/80, BStBl II 1982, 524; so auch Paetsch in Gosch, § 171 AO Rz. 2, Rüsken in Klein, § 171 AO Rz. 1). In vielen Fällen betrifft die Ablaufhemmung nur einen Teil des Anspruchs. Im Übrigen tritt somit Teilverjährung mit der Folge ein, dass der Anspruch, soweit der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht gehemmt ist, erlischt (§ 47 AO, s. § 169 AO Rz. 14). Die Ablaufhemmung entfaltet grds. (s. Rz. 8) keine rechtliche Wirkung, wenn diese vor der regelmäßigen Festsetzungsverjährung (§ 169 AO) endet. In diesem Fall bleibt es bei der regulären Festsetzungsfrist; eine Verlängerung der ursprünglichen Frist erfolgt nicht (BFH v. 08.03.1989, X R 116/87, BStBl II 1989, 531).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für sog. gleichgestellte Bescheide (s. § 169 AO Rz. 3) gilt § 171 AO kraft des jeweiligen Verweises auf die Vorschriften für Steuerbescheide. Dies sind die Festsetzung von Zinsen (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO), Zerlegungs-, Zuteilungs- und Messbescheide (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO, §§ 185, 190 Satz 2 AO) sowie die Festsetzung von Steuervergütungen (§ 155 Abs. 4 AO) und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Weitere Fälle der Ablaufhemmung sind in § 174 Abs. 3 und 4 AO (widerstreitende Steuerfestsetzung), § 10d Abs. 1 Satz 6 EStG (BFH v. 04.04.2001, XI R 59/00, BStBl II 2001, 564) und § 16 Abs. 4 GrEStG zu finden. Zu beachten ist, dass im Bereich des Zollrechts der UZK für die dort normierten Fristen keine Ablaufhemmung kennt und § 171 AO durch Art. 103 Abs. 3 und Abs. 4 UZK verdrängt wird (Deimel in HHSp, Art. 103 UZK Rz. 10; Bartone in Krenzler/Herrmann/Niestedt, Art. 103 UZK Rz. 1). Zulasten des Stpfl. dürfen die Vorschriften nicht analog angewendet werden (BFH v. 26.11.1974, VII R 45/72, BStBl II 1975, 460). Für sonstige Steuerverwaltungsakte gilt § 171 AO nicht, es sei denn, es wird hierauf ausdrücklich verwiesen, wie z. B. für § 171 AO bei Haftungsbescheiden (§ 191 Abs. 3 bis 5 AO).

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