Tz. 15

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Fehler, die dem Steuerpflichtigen unterlaufen, unterfallen nicht der Berichtigungsmöglichkeit des § 129 AO. Die Beseitigung des Fehlers kann der Steuerpflichtige in der Regel nur durch Einspruch gegen die Steuerfestsetzung erlangen. Eine Berichtigung nach § 129 AO wird jedoch dann möglich, wenn sich die Finanzbehörde den Fehler des Steuerpflichtigen beim Erlass des Verwaltungsaktes zu eigen macht. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um einen mechanischen Fehler des Steuerpflichtigen handelt und nicht um einen Fehler bei der Auslegung einer Rechtsnorm (BFH v. 16.09.2015, IX R 37/14, BStBl II 2015, 1040) und dass sich die Unrichtigkeit ohne Weiteres aus der Steuererklärung oder Anlagen hierzu oder aus den Akten der Finanzbehörde ergibt, der zuständige Sachbearbeiter die Unrichtigkeit ohne Weiteres erkennen konnte und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Finanzbeamte rechtliche Erwägungen angestellt hat (BFH v. 27.08.2013, VIII R 9/11, BStBl II 2014, 439; BFH v. 13.06.2012, VI R 85/10, BStBl II 2013, 5; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 224; Seer in Tipke/Kruse, § 129 AO Rz. 14 f.).

 

Tz. 16

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Danach scheidet eine Berichtigung nach § 129 AO aus, wenn das FA den Fehler des Stpfl. nicht erkennen und sich deshalb nicht zu eigen machen konnte. Für Steuerbescheide, die nach dem 31.12.2016 erlassen worden sind (Art. 97 § 9 Abs. 4 EGAO), besteht in diesem Fall jedoch die Korrekturmöglichkeit nach § 173a AO (s. § 173a AO Rz. 2). Danach können Schreib- oder Rechenfehler, die dem Stpfl. bei der Erstellung der Steuererklärung unterlaufen sind, korrigiert werden, wenn deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt wurden. Nach dieser Vorschrift, die allerdings nur für Steuerbescheide und nicht für sonstige Steuerverwaltungsakte gilt, ist es unerheblich, ob die Finanzbehörde den Fehler des Stpfl. als eigenen übernommen hat. § 129 AO bleibt daneben bei Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden weiter anwendbar, wenn § 173a AO nicht greift (von Wedelstädt in Gosch, § 173a AO Rz. 7; Seer, StuW 2015, 315, 325; von Wedelstädt, AO-StB 2017, 19, 21).

 

Tz. 17

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine Berichtigung nach § 129 AO ist u. a. ausgeschlossen (s. von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 225 f.; Intemann in Koenig, § 129 AO Rz. 46; Seer in Tipke/Kruse, § 129 AO Rz. 15), wenn

  • die Fehlerhaftigkeit aus den eingereichten Unterlagen des Stpfl. nicht erkennbar war, da sie z. B. in einer nicht beigefügten Zwischenrechnung enthalten war (BFH v. 03.03.2011, IV R 8/08, BFH/NV 2011, 1649; v. 26.10.2015, X B 43/15, BFH/NV 2016, 201) oder die einer unvollständig ausgefüllten Steuererklärung beigefügte Bescheinigung einer privaten Rentenversicherung nicht das Vorliegen sämtlicher im Gesetz für den Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben genannter Voraussetzungen bestätigt (BFH v. 03.08.2016, X R 20/15, BFH/NV 2017, 438).
  • die Finanzbehörde die Unrichtigkeit nicht erkennt, weil sie ihrer Amtsermittlungspflicht nicht nachkommt; die Verletzung der Sachaufklärungspflicht führt zu einem Rechtsfehler (s. Rz. 10; BFH v. 12.04.1994, IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1)
  • die Finanzbehörde rechtsirrige Angaben des Steuerpflichtigen ungeprüft übernimmt (BFH v. 24.07.1984, VII R 304/81, BStBl II 1984, 785) oder
  • es der Steuerpflichtige versäumt, Anträge für Steuervergünstigungen zu stellen oder eine mögliche AfA nicht in Anspruch nimmt (BFH v. 12.04.1994, IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1).

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