Tz. 78

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Von der Mittäterschaft, bei der jeder Mittäter die Tat als eigene will (s. Rz. 72), unterscheidet sich die Beihilfe zur Tat eines anderen (BGH v. 26.11.1986, 3 StR 107/86, wistra 1987, 106; BGH v. 20.12.1989, 3 StR 276/88, wistra 1990, 149). Als Gehilfe gilt, wer einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener Tat wissentlich Hilfe leistet (s. § 27 Abs. 1 StGB). Die hierzu erforderliche Handlung kann auch in einer Tätigkeit bestehen, die sich als bloße Vorbereitung der Haupttat darstellt, wie z. B. im Abschluss eines Scheinvertrages mit dem Täter, den der zum Zweck der Steuerhinterziehung einsetzt (BGH v. 20.03.2002, 5 StR 448/01, NJW 2002, 1963) oder in der Nichtverbuchung von Leistungen, die der Empfänger zur Ausführung von Schwarzgeschäften verwendet (BFH v. 21.01.2004, XI R 3/03, BStBl II 2004, 919), wie auch in der Herausgabe von Scheinrechnungen zum Zweck der Minderung der Steuer des Täters (BGH v. 24.06.2009, 1 StR 229/09, wistra 2009, 396) oder das Akzeptieren inhaltlich unzutreffender Gutschriften, die dem Ersteller den Vorsteuerabzug ermöglichen sollen (BGH v. 3.12.2013, 1 StR 579/13, wistra 2014, 144). Voraussetzung der Strafbarkeit der Beihilfe ist, dass die Haupttat zumindest in das Stadium einer strafbaren Versuchshandlung gelangt (Akzessorietät). Die Beihilfe kann auch in einer nur psychischen Unterstützung des Täters liegen. Das bloße Dabeisein in Kenntnis einer Straftat reicht jedoch selbst bei deren Billigung nicht aus (BGH v. 20.12.1995, 5 StR 412/95, wistra 1996, 184). Auch der Abschluss eines Werkvertrages mit einem Unternehmer, der die Steuer aus diesem Geschäft hinterziehen wird, ist keine Beihilfe (BGH v. 23.06.1992, 5 StR 75/92, wistra 1992, 299).

 

Tz. 79

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Als Hilfeleistung ist jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (BGH v. 14.12.2010, 1 StR 421/10, wistra 2011, 185 zu den erforderlichen Urteilsfeststellungen; BGH v. 01.08.2000, 5 StR 624/99, NJW 2000, 3010 m. w. N.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch einen Bankmitarbeiter; BGH v. 22.07.2015, 1 StR 447/14, NStZ 2016, 39 zur Beihilfe in einem auf Umsatzsteuerverkürzung angelegten System). Regelmäßig liegt dabei Tatmehrheit vor, wenn durch mehrere selbstständige Hilfeleistungen mehrere selbstständige Haupttaten gefördert werden (BGH v. 22.07.2015, 1 StR 447/14). Die laufende Förderung von Schmuggeltaten kann sich jedoch in einer Gesamtschau als nur eine dauerhafte Beihilfehandlung zu mehreren Haupttaten darstellen (BGH v. 14.03.2007, 5 StR 461/06, wistra 2007, 262). Auch berufstypisches Verhalten kann nicht generell aus der Gehilfenstrafbarkeit ausgeschlossen werden, wenn der Gehilfe das hohe Risiko strafbaren Verhaltens des Unterstützenden erkennt und er sich mit der Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt (BGH v. 01.08.2000, aaO, 3011; Rechtsanwalt: BGH v. 21.12.2016, 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337). Hierbei ist auch von Bedeutung, dass die Anonymisierung des Kapitaltransfers gegen § 154 AO verstößt und daher nicht als berufstypisch angesehen werden kann.

 

Tz. 80

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine gemeinsame strafrechtliche Mitverantwortung von Ehegatten ergibt sich nicht allein daraus, dass ein Ehegatte eine gemeinsame Steuererklärung mit unterschreibt, in der allein der andere Ehegatte unrichtige oder unvollständige Angaben über seine eigenen Einkünfte macht (BFH v. 16.04.2002, IX R 40/00, BStBl II 2002, 501; a. A. Rolletschke, DStZ 1999, 216). Hier müssen u. E. Umstände hinzutreten, die die strafrechtliche Mitverantwortung – wie bei fremden Dritten auch – begründen (z. B. Mitwirkung in der Buchhaltung in Kenntnis aller Umstände, BFH v. 07.03.2006, X R 8/05, BStBl II 2007, 594).

 

Tz. 81

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Verhalten des Hauttäters zu fördern. Einzelheiten braucht der Gehilfe nicht zu kennen. Der Gehilfenvorsatz wird auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Gehilfe dem Täter erklärt, er missbillige die Haupttat (BGH v. 01.08.2000, 5 StR 624/99, NJW 2000, 3010 m. w. N.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch einen Bankmitarbeiter). Bei äußerlich neutralen Handlungen ("Alltagshandlungen") genügt es nicht, wenn der Betreffende es nur für möglich hält, dass sein Beitrag eine Haupttat fördern könnte (BGH v. 18.06.2003, 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2999; BGH v. 21.12.2016, 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337).

 

Tz. 82

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Strafe des Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist jedoch nach den Grundsätzen des § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (s. Rz. 70). Treffen Beihilfe und Mittäterschaft in einer Tat zusammen, geht die Beihilfe in der Mittäterschaft auf (BGH v. 06.10.1989, 3 StR 80/89, wistra 1990, 100).

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