Steuerberater-Honorare in schweren Zeiten

In den Steuerkanzleien hat jetzt die Beratung und das Stellen von Anträgen Priorität. Im Hinblick auf die Honorare müssen dabei klare Entscheidungen getroffen werden.

Krisen-Modus: Dauereinsatz auf allen Kanälen

Zunächst ist die Corona-Virus-Krise durch das Thema Kurzarbeitergeld und Anträgen zur Stundung  und Vorauszahlungsherabsetzung geprägt. Jetzt "öffnen" sich die Rettungsschirme und jeder Mandant möchte darunter schlüpfen.Ihr Alltag besteht – neben hoffentlich noch genug Schlaf – aus mehr oder weniger diesen Tätigkeiten:

  • Sie sind mit der Recherche und Auswertung der vielen Informationen beschäftigt. An vielen Stellen heißt es: Nichts Genaues weiß man nicht.
  • Sie bedienen alle "Kanzlei-Kanäle" – Telefon, Mail, Handy und was Sie sonst noch anbieten. Die Kontakte mit den Mandanten bewegen sich von "einfach zuhören" bis zur handfesten Beratung.
  •  Sie organisieren die Kanzlei um (Home Office, "Task Forces" für bestimmte Bereiche, Schichtarbeit im Büro um Kontakte zu vermeiden).

Und wie immer nehmen Sie diese Herausforderungen an – das hat auch niemand anders erwartet. Ihre Aufgabe als vertrauter Berater ist es ja gerade jetzt, Ihre Mandanten und Ihre Mitarbeiter bei aller durchaus berechtigten "Panik" zu beruhigen - und sachlich kompetent die notwendigen Maßnahmen schnell aber ohne Hektik einzuleiten.

Hilfe-Modus ohne Honorar?

Haben Sie in den letzten Tagen "in Honorar" gedacht? Nein? Dann befinden Sie sich wahrscheinlich bei der Mehrheit der Kollegen. Sie haben "automatisch" in den Hilfemodus geschaltet. Und das ist sicherlich auch richtig.

Jetzt ist die Zeit Ihren Mandanten zu zeigen, dass sie auf Sie auch in schweren Zeiten zählen können. Und aus dem Bauch heraus ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt für Solidarität. Diesmal sind die Mandanten tatsächlich einmal komplett unverschuldet in die Krise geraten.Außerdem wird eine Zeit nach der Krise kommen. Und dann möchten Sie Ihre Mandanten weiter betreuen.

Diese Zeit jetzt ist also auch eine Zeit der Mandantenbindung. Wenn sich Ihre Mandanten in der Krise fachlich und persönlich gut betreut fühlen, werden sie das nicht vergessen. Oder anders ausgedrückt: Wenn sich die Mandanten jetzt im Stich gelassen fühlen, werden sie das auch nicht vergessen.

Aktuelle Auswirkungen auf Ihr Honorar

Bisher läuft noch alles glatt, oder? Da gibt es ja die monatlichen Einzüge..

Tatsächlich kenne ich die erste Kanzlei, deren ein Mandant seine letzten beiden bezahlten Rechnungen aus der Sepalastschrift zurückgeholt hat: 15.000 EUR. Und noch knirscht bei den meisten Mandanten die Liquidität nicht richtig. Das wird erst noch kommen. Und wenn die Umsätze sinken, werden die Mandanten, die Ihre Kosten unter die Lupe nehmen (müssen), schnell auch den meist größten Posten bei den sonstigen Kosten finden: die Steuerberatungskosten.

Honorar oder nicht Honorar: Ihre Entscheidung ist gefragt!

Die unkomplizierte - und zunächst von "Honorar-Hintergedanken" freie - Hilfestellung für Ihre Mandanten ehrt Sie und den ganzen Berufsstand. Niemand möchte ein "Krisengewinnler" wie etwa die Hersteller und Händler von Atemschutzmasken sein.

Sie sollten sich jetzt trotzdem die Frage stellen: Wie lange will und kann ich diese Haltung aufrecht erhalten? Werden die ersten Förderungen reichen, wird es noch weitere Hilfsmaßnahmen geben und werden Sie dann wieder ohne Honorar arbeiten können? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – ich möchte Ihnen nicht vorschreiben was Sie wie abrechnen sollen. Ich bitte Sie nur dringend, die Entscheidung jetzt bewusst zu fällen.

Wenn Sie im Moment für Ihre Beratung und Antragstellung nichts berechnen, werden Sie später davon nur sehr schwer wieder wegkommen. So wie Sie im Flugzeug gehalten sind, erst sich selbst die Atemmaske aufzusetzen bevor Sie Ihre Schutzbefohlenen bedienen, so sollten Sie auch jetzt Ihre eigene Liquiditätsplanung für die nächsten 6 Monate machen. Wie viel Umsatzeinbußen Sie selbst erwarten, hängt natürlich auch stark von Ihrer Mandantenstruktur ab (Branche, Größe etc.).

Denkhilfen für ein Honorarkonzept in Krisenzeiten

Werfen wir einen genaueren Blick auf die aktuellen Tätigkeiten und Dienstleistungen:

Mandanteninformationen, Informationsbeschaffung

Dieser Service ist genau das, was Ihre Mandanten jetzt brauchen und aus meiner Sicht nicht abrechenbar. Zudem möchten Sie nicht, dass Ihre Mandanten Ihre Infos ausschließlich von Facebook und der Bild-Zeitung bekommen. Also Mandanten-Informationen – im Moment möglichst täglich – per Mail, auf Ihrer Website, Ihrem Anrufbeantworter etc. Sie dürfen Ihren Mandanten gerne sagen, dass dies eine kostenlose Dienstleistung ist!

Hotline

Viele Mandanten werden trotz aller aktiv an sie gesandten Informationen auch persönlich über das Telefon oder Videokonferenzen das Gespräch suchen. Hier geht es erst mal um die Präsenz – ich bin für Dich da, ich höre Dir zu. Die Verunsicherung und die Sorgen der Mandanten sind groß – ob sie nun im Einzelfall berechtigt erscheinen oder nicht. Auch diese Leistung ist kaum abrechenbar. Sie führt aber hoffentlich dazu, das Ihre Mandanten Sie als echten Vertrauten erkennen und den Nutzen dadurch honorieren, dass sie die monatlichen Zahlungen weiter bedienen. Die Hotline können Sie durch ein gutes Informationskonzept (s. o.) durchaus eindämmen.

Dienstleistungen im Lohnbereich

In wenigen Tagen sind Sie und Ihre Mitarbeiter zu wahren "KUG-Helden" mutiert. Im Einzelnen höre ich, dass die meisten Kanzleien die Meldung zum KUG wohl nicht berechnen. Die Einrichtung und die Abrechnung des KUG wird in der Regel per Stunde berechnet. Zur schlankeren Organisation und Dokumentation können Sie hier alternativ einen Festpreis pro Lohnabrechnung zu Grunde legen.

Dienstleistungen in der Buchhaltung

Das Leben geht ja weiter – auch ohne Finanzamtsfristen. Die aktuellen BWA's spielen bei der Beantragung von Krediten und Rettungsmaßnahmen eine zentrale Rolle. Gerade in diesem Bereich gilt es jetzt wirklich "aktuell" zu sein. Die März-Buchhaltung wir sofort gebraucht. Dies ist nicht nur eine zeitliche Herausforderung. Für diese Buchhaltung März ist eine Reduzierung des Buchhaltungshonorars also eher nicht zu befürchten. Für die Buchhaltungen mit sinkenden Umsätzen empfehle ich Ihnen, sich eine Untergrenze zu überlegen. Dann sind Sie auf die wahrscheinlich kommenden Honorarverhandlungen zumindest vorbereitet.

Dienstleistungen bei Stundung und Herabsetzung

Hier spricht aus meiner Sicht nichts gegen eine "normale" Abrechnung. Da wohl im Moment keine aufwändigeren Begründungen notwendig sind, wird wohl ein eher moderates Honorar angemessen sein.

Dienstleistungen bei der Beantragung von Fördermaßnahmen und Krediten

Die Anträge für die in den einzelnen Bundesländern wohl unterschiedlichen Rettungsschirme/ Soforthilfen sind nicht so einfach Antrag wie es die Kommunikation einiger Politiker aussehen lässt. Das Formular für das Saarland etwa verlangt vom Antragsteller die Angabe des Liquiditätsengpasses für 3 Monate, sowie die an Eides Statt unterschriebene Versicherung, dass alle  anderen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft wurden (u. a. KUG, kein Geld von der Bank, Antrag bzgl. Steuerstundung/Herabsetzung, De-minimis-Regel). Aus Berlin ist zu hören, dass die Berechnung des Liquiditätsengpasses mitgeliefert werden muss.Allein aufgrund der Vielzahl von Fällen wird es in Ihrer Kanzlei vermutlich spätestens hier grenzwertig werden. Die Abrechnung zu moderaten Preisen sollte hier auch ohne weiteres möglich sein. Nochmal: Die Entscheidung liegt bei Ihnen! Suchen Sie sich Ihre Wohlfühlzone zwischen "absolut kostenlos" und "kompletter Abrechnung".

Kommunizieren Sie Ihre Entscheidung

Egal wie Sie sich entscheiden, sagen Sie Ihrem Mandanten jetzt Bescheid, was sie an dieser Stelle von Ihnen erwarten können und müssen. Schon in normalen Zeiten sind im Vorhinein unklare Honorare gefährlich – jetzt können sie tödlich sein.

Die meisten Kanzleien haben aktuell noch keinen Dienstleistungskatalog mit Preisen. Daher für Sie hier eine Formulierungshilfe, die Sie bei der nächsten Mandanteninformation oder im persönlichen Gespräch verwenden können:

Wir bleiben für Sie am Ball. Unsere Radare laufen auf sämtlichen Kanälen auf Hochtouren. Buchhaltung und Lohn bleiben zentrale Dienstleistungen, um bei der Beantragung von Krediten und Zuschüssen die notwendigen Unterlagen parat zu haben.

Dabei werden wir unsere Unterstützung angemessen und mit Fingerspitzengefühl abrechnen. Die Zahlungsmodalitäten besprechen wir mit Ihnen im Vorhinein.

Gemeinsam werden wir so gut wie möglich durch diese Zeit kommen. In der Hoffnung, dass wir spätestens bis Ende des Jahres sagen können: Es hätte schlimmer kommen können.

Haftungs-Gedanken

Alle Fördermaßnahmen werden unter der einen grundsätzlichen Voraussetzung gewährt, dass der Antragsteller tatsächlich von der Corona-Krise betroffen ist. Wie "direkt" ist in vielen Fällen nicht ganz klar. Als Beispiel hier die Versicherung, die der Antragsteller auf "Soforthilfe" im Saarland unterschreiben muss:

"Ich versichere, dass es sich bei der existenzbedrohenden Wirtschaftslage bzw. dem Liquiditätsengpass um eine Folge der Corona-Krise 2020 handelt. Mir ist bekannt, dass Anträge, die sich auf Liquiditätsengpässe beziehen, die vor dem 11. März 2020 entstanden sind, nicht unterstützungsfähig sind." 

Im Falle der Soforthilfe muss ja eine Versicherung an Eides statt abgegeben werden. Der Mandant muss selbst unterschreiben. Bei anderen Anträgen wie KUG, Stundung, Herabsetzung etc. haben Sie meist die Vollmacht zu unterzeichnen. Das Thema "Dritthaftung" liegt aus meiner Sicht hier klar auf der Hand. Überlegen Sie einfach gut, worunter Sie Ihre persönliche Unterschrift in der nächsten Zeit setzen!

Video-Tipp der Redaktion: Wie Steuerberater kompetent als Krisenmanager agieren

Die binnen kürzester Zeit aus der Corona-Pandemie entstandene Wirtschaftskrise stellt Ihre Mandanten auf eine harte Probe. Die Telefone in Ihrer Kanzlei stehen seither nicht mehr still. In einer Seminaraufzeichnung vom 1.4.2020 gibt Ihnen Steuerberater Florian Gößmann-Schmitt die Erfahrungen aus seinem Kanzleialltag weiter, die Sie in dieser Krisenzeit unterstützen sollen.

Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Steuerberater