Werklieferung oder Werkleistung?: Hintergrund

In einer 5-teiligen Serie zeigen wir, wie die Abgrenzung zwischen Werklieferungen und Werkleistungen in der Praxis vorzunehmen ist. Im 1. Teil wird zunächst die grundlegende Problematik dargestellt.

Führt ein Unternehmer eine Leistung aus, muss für die Prüfung der Steuerbarkeit zuerst festgestellt werden, ob es sich um eine Lieferung oder um eine sonstige Leistung handelt. Abhängig vom jeweiligen Leistungstatbestand ergeben sich Unterschiede in der Festlegung des Orts der Leistung und für die Prüfung einer evtl. zu gewährenden Steuerfreiheit. Besondere Probleme ergeben sich, wenn es sich um Leistungen handelt, die sowohl Elemente von Lieferungen als auch Elemente von sonstigen Leistungen enthalten.

In diesen Fällen muss abgegrenzt werden, ob es sich um eine Werklieferung oder um eine Werkleistung handelt. Dabei kommt es nach § 3 Abs. 4 UStG darauf an, ob der Unternehmer bei der Ausführung seiner Leistung nur Nebensachen oder Zutaten verwendet oder ob darüber hinaus auch für die Leistung relevante „Hauptstoffe“ verwendet werden.

Folgende Alternativen können sich ergeben:

Leistung…

besteht nur aus der Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand

enthält sowohl Elemente der Lieferung als auch der sonstigen Leistung

besteht nur aus Elementen der sonstigen Leistung

Der leistende Unternehmer verwendet bei der Leistung auch einen (selbstbeschafften) Hauptstoff

Der leistende Unternehmer verwendet bei der Leistung nur Nebensachen oder Zutaten

Steuerbarkeit und Steuerpflicht bestimmen sich nach den Regelungen für Lieferungen

Steuerbarkeit und Steuerpflicht bestimmen sich nach den Regelungen für sonstige Leistungen

Ob der Unternehmer bei der von ihm ausgeführten Leistung einen „Hauptstoff“ oder nur Nebensachen oder Zutaten verwendet, bestimmt sich aus der Sicht eines „Durchschnittsbetrachters“. Im letzteren Fall dürfen die verwendeten Gegenstände nicht das Wesen des Umsatzes ausmachen (BFH, Urteil v. 9.6.2005, V R 50/02, BStBl 2006 II S. 98).

Die Abgrenzung muss grundsätzlich nach qualitativen Kriterien erfolgen. Eine quantitative Abgrenzung (überwiegt der Entgeltsanteil für das Material oder für die Arbeitsleistung) darf nicht vorgenommen werden. Nur in Ausnahmefällen kann bei der Reparatur beweglicher körperlicher Gegenstände ab dem 1.1.2013 – soweit nicht nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien zweifelsfrei entschieden werden kann, ob eine Werklieferung oder Werkleistung vorliegt – von einer Werklieferung ausgegangen werden, wenn mehr als 50 % des Gesamtentgelts auf das verwendete Material entfällt (BMF, Schreiben v. 12.12.2012 sowie Abschn. 3.8 Abs. 6 UStAE).

StB Prof. Rolf-R. Radeisen, Berlin
Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Werkleistung