Werbungskostenabzug: Sich selbst betreffende Lohnsteuerhaftung

Wird ein GmbH-Geschäftsführer für Lohnsteuerrückstände in Haftung genommen, ist ein Werbungskostenabzug möglich. Es stellt sich die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn es um Lohnsteuerbeträge geht, die ihn selbst als Arbeitnehmer betreffen.

Beispiel: A ist ehemaliger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde er für nicht abgeführte Lohnsteuer zuzüglich Folgesteuern i. H. v. 10.000 EUR in Haftung genommen. Dabei entfielen 7.000 EUR auf A selbst und 3.000 EUR auf die übrigen Arbeitnehmer.

Finanzamt teilt wegen § 12 Nr. 3 EStG auf

Im Rahmen einer Entscheidung des FG Hessen war das Finanzamt der Auffassung, dass nur die Lohnsteuer, die nicht auf den Geschäftsführer selbst entfällt (3.000 EUR) und für welche er als Geschäftsführerin in Haftung genommen worden sei, als Werbungskosten zu berücksichtigen sei. Der Anteil der ihn betrifft, unterliege dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG. Das - hier - A dafür haftet, dass er pflichtwidrig als Geschäftsführer die ihn betreffende Lohnsteuer nicht abgeführt habe, dürfe im Ergebnis nicht zu einem geringeren Steueraufkommen führen und nicht die Allgemeinheit belasten.

Schrifttum und FG-Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug

In Schrifttum und Rechtsprechung umstritten ist, ob in einem solchen Fall das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 3 EStG greift. Danach dürfen u. a. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern regelmäßig weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

Nach allgemeiner Auffassung kommt der Regelung klarstellende Bedeutung dahingehend zu, dass Personensteuern nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist oder die Voraussetzungen des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs vorliegen. Zwar ist sich das Schrifttum bei der hier dargestellten Problematik nicht einig; die Finanzgerichte Köln (Urteil v. 20.10.1992, 8 K 4449/88) und Niedersachsen (Urteil v. 18.3.1993, XI 264/88) vertreten aber die Auffassung, dass ein Geschäftsführer, der für nicht abgeführte Lohnsteuer von Arbeitnehmern in Anspruch genommen wird, den gezahlten Haftungsbetrag selbst dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit absetzen kann, wenn in der angemeldeten und abzuführenden Lohnsteuersumme auch Steuerbeträge enthalten sind, die ihn als Arbeitnehmer selbst betreffen (danach hier 10.000 EUR abzugsfähig).

Das Abzugsverbot in § 12 Nr. 3 EStG sei nicht einschlägig, denn dieses betreffe nur eigene Steuerschulden des Steuerpflichtigen. Dahingegen handele es sich bei der Lohnsteuer, welche nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber an das Finanzamt abzuführen habe, um eine fremde Schuld.  

FG Hessen schließt sich den anderen Finanzgerichten an 

Diese Meinung vertritt aktuell auch das FG Hessen (Urteil v. 19.11.2019, 6 K 360/18). Das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 3 EStG stehe einer Berücksichtigung als Werbungskosten nicht entgegen, denn es betrifft zwar die Einkommensteuer und damit grundsätzlich auch die Lohnsteuer als eine ihrer Erhebungsformen. Erfasst werden aber grundsätzlich nur eigene Steuerschulden des Steuerpflichtigen. Demgegenüber handele es sich hier bei den Aufwendungen des Geschäftsführers um die Entrichtungsschuld der von ihm vertretenen Gesellschaft. Dabei könne dahinstehen, dass der Arbeitnehmer der Schuldner der Lohnsteuer ist. Jedenfalls erfolgte die Zahlung infolge der Inhaftungnahme auf eine fremde Steuerschuld. 

Auch werde der Geschäftsführer durch den Werbungskostenabzug gerade nicht bessergestellt. Ebenso wie den übrigen Arbeitnehmern auch wurde ihm nur der um die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer gekürzte Nettolohn ausbezahlt. Nachdem er in Folge seiner Inhaftungnahme mit dem Lohnsteuerbetrag ein zweites Mal belastet wurde, sei es mit dem Sinn und Zweck von § 12 Nr. 3 EStG vereinbar, wenn der Geschäftsführer in einem solchen Fall den Betrag einmal als Werbungskosten zum Abzug bringen kann.

Angesichts dessen hält es das FG auch nicht für sachgerecht, den Werbungskostenabzug allein deshalb zu versagen, weil anderenfalls die Steuereinnahmen des Fiskus im Vergleich zu dem Fall, dass die Lohnsteuer ordnungsgemäß abgeführt worden wäre, im Ergebnis geringer ausfallen. Zum einen sei es nicht Sinn und Zweck der Vorschrift, pflichtwidriges Verhalten des Steuerpflichtigen zu sanktionieren, zum anderen hätte dies eine unterschiedliche Behandlung der Haftung für Lohnsteuer Dritter und der Haftung für Lohnsteuer des Geschäftsführers zur Folge, ohne dass sachliche Gründe für eine solche Differenzierung vorliegen würden. 

Neues Revisionsverfahren

Wie nicht anders zu erwarten war, ist gegen die Entscheidung des FG Hessen Revision eingelegt worden. Die Entscheidung des BFH (VI R 19/20) bleibt abzuwarten.