Stolperfalle Reverse Charge: Die Hausverwaltung

In einer 5-teiligen Serie zeigen wir, in welchen Fällen das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung kommt - und wann nicht. Im 3. Teil geht es um Leistungen, die im Rahmen einer umfassenden Hausverwaltung angeboten und durch Subunternehmer ausgeführt werden.

Sachverhalt

Der Einzelunternehmer H betreibt in Hannover eine gutgehende Hausverwaltung. Er hat sich darauf spezialisiert, Eigentümern von Mietwohnhäusern eine umfassende Betreuung der Miethäuser anzubieten. Dazu gehört die Hausverwaltung sowie die Übernahme von Hausmeisterdiensten und Gebäudereinigungsleistungen. Nach seiner sachgerechten Schätzung erbringt er ca. 15 % seiner Umsätze im Bereich der Reinigungsleistungen. Außerdem bietet er nach dem strengen Winter 2009/2010 seit 2010 auch den Winterdienst gegenüber seinen Kunden im eigenen Namen an, mittlerweile macht dies gut 12 % seines Gesamtumsatzes aus.

Da H nur über einen kleinen Mitarbeiterstamm verfügt, beauftragt er mit einzelnen Leistungen auch Subunternehmer mit der Ausführung von Arbeiten.

Im August 2012 liegen H folgende Rechnungen von Subunternehmern vor:

  • Rechnung des Gebäudereinigers G über die Aufgangsreinigung sowie die Fensterreinigung in verschiedenen, von H verwalteten Gebäuden über 15.000 EUR zzgl. 2.850 EUR USt. Diese Rechnung wird von H im September 2012 in voller Höhe bezahlt.
  • Vorausrechnung des Winterdienstes W über die Schneebeseitigung bei 10 von H verwalteten Gebäuden über 10.000 EUR zzgl. 1.900 EUR USt. H zahlt den angeforderten Betrag ebenfalls im September 2012.

Fragestellung

H möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich für ihn aus den genannten Sachverhalten ergeben.

Lösung

H ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er Leistungen selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführt. Mit den gegenüber seinen Kunden ausgeführten Leistungen wird er auch im Rahmen seines Unternehmens tätig.

H führt gegenüber seinen Kunden auch Leistungen aus, die als Gebäudereinigungsleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG anzusehen sind. Nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG wird H damit für alle ihm gegenüber ausgeführten Gebäudereinigungsleistungen zum Steuerschuldner. Allerdings setzt die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf H nicht nur voraus, dass er Gebäudereinigungsleistungen ausführt, er muss – soweit der Finanzverwaltung gefolgt wird (Abschn. 13.5 Abs. 4 i.V.m. Abschn. 13b.3 Abs. 3 UStAE) – im vorangegangenem Kalenderjahr mehr als 10 % seiner weltweit ausgeführten Umsätze im Bereich der „Gebäudereinigung“ ausgeführt haben. Da H im letzten Kalenderjahr nach dem Sachverhalt ca. 15 % seines Umsatzes mit Gebäudereinigungsleistungen gemacht hat, ist er ein Gebäudereiniger i. S. dieser Regelung.

Die Leistung des G ist eine sonstige Leistung, die an den einzelnen Grundstücken ausgeführt sind – hier in Hannover (Inland). Die Leistungen sind damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen keiner Steuerbefreiung. Da eine Gebäudereinigungsleistung gegenüber einem Gebäudereiniger ausgeführt wird, wird H zum Steuerschuldner (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 UStG). Zwar hätte G in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen dürfen, dies ändert aber nichts an der Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den H.

Fraglich ist die Bemessungsgrundlage. G weist in seiner Rechnung einen Nettobetrag von 15.000 EUR und eine nach § 14c Abs. 1 UStG unrichtig ausgewiesene USt von 2.850 EUR aus. Da H nach den Sachverhaltsangaben auch 17.850 EUR an G ausbezahlt, könnte dieser Betrag als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG angesehen werden. Systematisch zutreffender ist es aber, den in der Rechnung ausgewiesenen Nettobetrag als Bemessungsgrundlage heranzuziehen , sodass H auf 15.000 EUR eine USt von 2.850 EUR schuldet. Da die Rechnung im August 2012 ausgestellt worden ist, schuldet H in diesem VAZ gegenüber seinem Finanzamt 2.850 EUR.

Da die Leistung von H für den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Ausgangsumsätze verwendet wird, kann die entstandene USt von 2.850 EUR ebenfalls im August 2012 als Vorsteuer abgezogen werden.

Wichtig: Die in der Rechnung des G gesondert ausgewiesene USt von 2.850 EUR schuldet G als unrichtig ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. H kann diese USt aber nicht als Vorsteuer abziehen – er ist damit wirtschaftlich mit 17.850 EUR belastet. Es ist deshalb insbesondere für ihn von wirtschaftlicher Bedeutung, gegenüber seinen Subunternehmern seine Stellung als „Gebäudereiniger“ deutlich zu machen. Der Nachweis kann durch das von der Finanzverwaltung auszustellende Formular USt 1 TG nachgewiesen werden.

Die Leistungen des W sind ebenfalls sonstige Leistungen, die an den einzelnen Grundstücken ausgeführt sind. Die Leistungen sind damit – nach Ausführung – nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen keiner Steuerbefreiung. Allerdings handelt es sich bei dem Winterdienst nicht um Gebäudereinigungsleistungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG (vgl. Abschn. 13b.5 Abs. 3 Nr. 3 UStAE). Die Steuerschuldnerschaft verbleibt somit bei dem leistenden Unternehmer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Auf der Bemessungsgrundlage von 10.000 EUR ist eine USt von 1.900 EUR entstanden, die W auch ordnungsgemäß in seiner Rechnung ausgewiesen hat.

Da die bezogene Leistung von G nicht für vorsteuerabzugsschädliche Ausgangsleistungen verwendet wird, kann er grundsätzlich die Vorsteuer abziehen. Allerdings ist die Leistung von W noch nicht ausgeführt worden, da es sich um eine Vorausrechnung handelt. Der Vorsteuerabzug ist deshalb nicht im Monat der Vorlage der Rechnung (August 2012) möglich, sondern erst dann – und insoweit – wie er die Zahlung geleistet hat (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG). G kann damit den Vorsteuerabzug von 1.900 EUR erst im September 2012 vornehmen.

Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Reverse-Charge-Verfahren