Die SPD-Spitze hat sich von Plänen für eine Entlastung von Geringverdienern vorerst verabschiedet. Entsprechende Berichte wurden am Wochenende in führenden Parteikreisen bestätigt.

Wegen der anhaltend hohen Neuverschuldung, größerer Konjunkturrisiken sowie Turbulenzen in der Euro-Zone werde die angestrebte Senkung der Sozialabgaben für Kleinverdiener und Alleinerziehende nicht weiter verfolgt. Dagegen hält die SPD an der seit langem geplanten stärkeren Belastung von Top-Verdienern fest.

Es gebe aktuell kein Modell, das ordnungs- sowie finanzpolitisch vertretbar sei und effektiv wirke, verlautete aus Kreisen der SPD-Spitze. "Wir sind angesichts der Konjunkturrisiken vorsichtiger geworden", hieß es an anderer Stelle. Vorrang habe der Schuldenabbau.

Über das Konzept für ein Finanzprogramm wollte die Parteiführung am Sonntagnachmittag mit Landes- und Bezirksvorsitzenden in Berlin diskutieren. Im Gegensatz zu Union und FDP lehnt die SPD Steuersenkungen wegen der angespannten Lage in den Staatskassen sowie der Schuldenkrise in der Euro-Zone ab.

Die Sozialabgaben für Geringverdiener könnten nur sinken, wenn finanzielle Spielräume vorhanden seien, zitierten mehrere Medien aus dem SPD-Papier. Gegen ein Milliardenprogramm zur Entlastung von Geringverdienern bei den Sozialabgaben kommt laut "Süddeutscher Zeitung" auch prinzipieller Widerstand von Arbeitsmarktexperten: Bei dauerhafter Subvention würde der Niedriglohnsektor unterstützt.

Laut "Welt am Sonntag" heißt es im Konzept: 2Nur wenn neben dem notwendigen Schuldenabbau, Infrastrukturausbau im Bildungs- und Betreuungsbereich und der Wiederherstellung kommunaler Handlungsfähigkeit noch finanzielle Spielräume vorhanden sind, werden wir zielgerichtet vor allem Geringverdiener durch eine steuerfinanzierte Senkung ihrer Sozialversicherungsabgaben entlasten können." Erst wenn das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes erreicht sei, werde man dieses Ziel realisieren können.

Laut "Süddeutscher Zeitung" will die SPD den Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf 49 Prozent erhöhen, allerdings erst von einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100.000 Euro (Ledige) an. Im Fall einer Erhöhung auf 49 Prozent will die SPD-Führung auf einen zusätzlichen Reichen-Aufschlag verzichten.

Der "Welt am Sonntag" zufolge sind zwei Varianten im Gespräch, mit denen jeweils etwa fünf Milliarden Euro mehr erlöst werden sollen. So könnte der Spitzensteuersatz auch linear auf 45 Prozent verlängert werden. Er greife dann bei etwa 60.000 Euro für Alleinstehende. Von einem Einkommen ab 125.000/250.000 Euro solle eine "Reichensteuer" von 3 Prozent erhoben werden.

Derzeit greift der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 52.882 Euro. Zudem wird für Einkommen von mehr als 250.000 Euro (Ledige) die "Reichensteuer" von 45 Prozent fällig - wobei "Soli-Zuschlag" und gegebenenfalls Kirchensteuer hinzukommen.

Berichten zufolge soll die Abgeltungsteuer von 25 auf 30 Prozent steigen. Auch soll die Vermögensteuer wieder eingeführt und die Erbschaftsteuer reformiert werden. Das Ehegattensplitting will die SPD den Angaben zufolge abschaffen. Über eine EU-weite "Finanzmarkttransaktionssteuer2 in Höhe von 0,05 Prozent sollen drei Milliarden Euro erlöst werden, so die "Welt am Sonntag".

Durch die Steuererhöhungen erwartet die SPD laut dem Magazin 2Der Spiegel" 2012 bis 2016 allein für den Bund Mehreinnahmen von jährlich 5,4 Milliarden Euro. 1,7 Milliarden Euro wollen die Sozialdemokraten dem Bericht zufolge durch die Rücknahme der Steuererleichterungen für Hotels und Gaststätten erzielen, etwa 2 Milliarden für den Bund durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und weitere 1,7 Milliarden Euro durch die Erhöhung der Brennelementesteuer. Durch Subventionsabbau würden jährlich bis zu 15 Milliarden Euro gespart.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier verteidigte im "Hamburger Abendblatt" (Samstag) die geplanten Steuererhöhungen. Wenn die Verschuldung zurückgeführt werden müsse und gleichzeitig bessere Schulen und moderne Infrastruktur benötigt würden, dürfe man einen höheren Spitzensteuersatz nicht tabuisieren.