Kindergeld bis zur Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse

Ein Kind befindet sich in Berufsausbildung solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber noch ernstlich darauf vorbereitet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 14.12.2004, VIII R 44/04) ist z. B. ein Universitätsstudium erst in dem Zeitpunkt regelmäßig abgeschlossen, in dem eine nach dem einschlägigen Prüfungsrecht zur Feststellung des Studienerfolges vorgesehene Prüfungsentscheidung ergangen ist. Dies gilt - in typisierender Betrachtungsweise – auch für den Begriff der Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Der Eintritt in einen der akademischen Ausbildung entsprechenden Beruf ist im Regelfall erst dann möglich, wenn die zur Feststellung des Studienerfolgs vorgesehene Prüfungsentscheidung vorliegt. Diese Auffassung vertritt grundsätzlich auch die Verwaltung, aber wenn sich die Unterrichtung über das Prüfungsergebnis in unangemessener Weise verzögert, soll als Beendigung der Hochschulausbildung der Zeitpunkt der Leistung des letzten Prüfungsteils zugrunde gelegt werden (DA-Fam KG 2015 A 14.10 Abs. 9 S. 3).

Beispiel

Kind A (23 Jahre alt) reichte im November 2014 ihre Diplomarbeit ein. Im Mai 2015 erhielt A aber erst die Mitteilung, dass ihre Diplomarbeit mit der Gesamtnote gut begutachtet wurde. Während der Wartezeit hat A eine Teilzeittätigkeit ausgeübt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 25 Stunden.

Praxis-Tipp

Das FG Sachsen hat hierzu erfreulicherweise rechtskräftig entschieden (Urteil v. 17.6.2015, 4 K 357/11), dass der lange unverschuldete Zeitraum zwischen Einreichung der Diplomarbeit und der Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung unerheblich ist. Nach Auffassung des FG steht die Einschränkung des Kindergeldanspruches in der verwaltungsinternen Dienstanweisung mit dem Zweck der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang und wäre auch mit dem Förderungszweck des Familienleistungsausgleichs nicht vereinbar. Die Regelungen über den Familienleistungsausgleich sollen die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildung des Kindes berücksichtigen. So lange das Kind aber auf Grund des fehlenden Nachweises der erbrachten Prüfungsleistung nicht einen seiner akademischen Ausbildung entsprechenden Beruf aufnehmen kann, ist es auf finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen, so dass es gerechtfertigt ist, die dadurch verursachte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern zu berücksichtigen. Den Eltern von A steht daher bis einschließlich Mai 2015 noch Kindergeld zu.

Hinweis

Auch die Teilzeittätigkeit von 25 Stunden in der Woche kann m. E. unabhängig vom Verdienst den Kindergeldanspruch nicht ausschließen. In diesem Zusammenhang gilt es auf Folgendes hinzuweisen:

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 24.5.2000, VI R 143/99) kann die Berufsausbildung auch schon zu dem Zeitpunkt enden, in dem das Kind nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung, aber noch vor der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt, weil es sich dann nicht mehr ernstlich auf sein Berufsziel vorbereitet. Tritt das Kind bereits in den aufgrund der Ausbildung angestrebten Beruf ein, hat es zudem sein Berufsziel bereits erreicht. In diesem Zusammenhang hat das FG Sachsen darauf hingewiesen, dass selbst wenn das Kind in der Wartezeit eine wirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt, die es ihm erlaubt, sich selbst ausreichend zu versorgen, es nicht zu einer ungerechtfertigten Förderung kommen kann. In diesem Fall sei entweder die schädliche Grenze der eigenen Einkünfte und Bezüge i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten (Zeiträume im Urteilsfall 2009 und 2010) oder die Berufsausbildung endet dadurch, dass das Kind eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt und die Ausbildung damit als beendet angesehen wird.

Da die Einkünfte und Bezüge Grenze aber ab 2012 weggefallen ist, kommt es jetzt nur noch darauf an, ob das Kind eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dabei ist anzunehmen, dass die Familienkasse entsprechend der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG immer dann von einer schädlichen (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit ausgeht, wenn diese 20 Stunden wöchentliche Arbeitszeit überschreitet. Allerdings ging z. B. das BZSt früher davon aus, dass eine Vollzeittätigkeit nur dann vorliegt, wenn die vertragliche Arbeitszeit mindestens ¾ der branchenüblichen, tariflichen oder betriebsintern festgesetzten Arbeitszeit entspricht. In der Regel umfasst ein Job in Teilzeit zwischen 15 oder 30 Wochenstunden. Bei einer wöchentlichen Stundenzahl von über 30 Arbeitsstunden spricht man von vollzeitnaher Teilzeit. Auch im Bereich des Elterngeldes schließt eine Teilzeitbeschäftigung von bis zu 30 Wochenstunden den Anspruch auf Elterngeld nicht aus. Entsprechend dem Urteil des FG Sachsens ist daher m. E. allen Eltern Kindergeld zu gewähren, deren Kinder 30 Wochenstunden nicht überschreiten.

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