Haushaltsnahe Handwerkerleistung bei Ausbau der Gemeindestraße

Nach neuerer Rechtsprechung des BFH ist der Begriff "im Haushalt" räumlich-funktional auszulegen. Daher kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Die ursprüngliche News v. 3.11.2015 wurde aktualisiert (s. Anmerkung unten).

Die Leistungen müssen aber in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen - also für den Haushalt erbracht werden (BFH, Urteil v. 20.3.2014,  VI R 55/12). So bejaht die Rechtsprechung das Vorliegen der Voraussetzung des § 35a Abs. 4 EStG insbesondere dann, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird, weil der auf dem Grundstück gelegene Haushalt des Steuerpflichtigen über das öffentliche Versorgungsnetz mit den für eine Haushaltsführung notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge versorgt wird (zur Auffassung der Finanzverwaltung vgl. Praxis-Tipp v. 13.10.2015 "Steuerermäßigung nach § 35a EStG für eine (teilweise) im Handwerksbetrieb erbrachte Leistung"). In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob der Ausbau, die Erneuerung oder Verbesserung der Gemeindestraße vor dem Grundstück des Steuerpflichtigen noch von dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff erfasst ist.

Beispiel: Die Ehegatten A machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2014 1.500 EUR Arbeitskosten für Ausbaubeiträge geltend, die die Verwaltungsgemeinschaft in Vollzug des Kommunalabgabengesetzes und der Ausbaubeitragssatzung der Gemeinde festgesetzt hat. Dabei handelt es sich um die unmittelbar vor dem Einfamilienhaus der Ehegatten A befindliche Straße.

Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 15.4.2015, 11 K 11018/15, Haufe Index 7958274 rkr.) besteht bei festgesetzten Ausbaubeiträgen für die Gemeindestraße kein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt, wenn das Grundstück bereits vor der Durchführung der Ausbaumaßnahme durch eine Straße erschlossen ist, weil dann ein Haushalt ungeachtet der Ausbaumaßnahme geführt werden könnte. Folglich wäre der Ausbau nicht notwendige Voraussetzung für die Möglichkeit zur Haushaltsführung. Die Errichtung oder der Ausbau einer Straße stelle aber auch keine Maßnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge dar. Vielmehr fielen unter diesen Begriff nur Aufgaben wie die Abfallbeseitigung, die Versorgung mit Wasser, Gas und Strom oder der Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs. Dagegen soll das Führen eines Haushalts auch ohne unmittelbaren Straßenanschluss möglich sein.

Praxis-Tipp: Dies sieht das FG Nürnberg (Urteil v. 24.06.2015, 7 K 1356/14) erfreulicherweise anders, weil zu einer ordentlichen Haushaltsführung gleichermaßen Wasseranschlüsse, Abwasser, Elektrizität, aber auch eine Zuwegung gehörten. Nur dann, wenn ein Anwesen an das öffentliche Wege- und Straßennetz angebunden ist, sei dort auch die Führung eines zeitgemäßen Haushalts möglich, weil ansonsten ohne Transportmöglichkeiten weder die Versorgung mit den Gütern des täglichen Lebens noch die notwendigen Transporte der in diesem Haushalt lebenden Personen gewährleistet sei. Daher gelten nach Auffassung des FG die Gründe, die der BFH bezüglich der Anbindung an öffentliche Wasserversorgung aufgeführt hat, ebenso für den Ausbau (Modernisierung) der Gemeindestraße, denn bei beiden Maßnahmen handelt es sich gleichermaßen um den Anschluss eines Haushalts an das öffentliche Versorgungsnetz. Die Ehegatten A können daher für den Lohnanteil der Ausbaubeiträge eine Steuerermäßigung i. H. von 300 EUR (1.500 EUR x 20 %) geltend machen.

Anmerkung: Mittlerweile hat die Finanzverwaltung die Revision zurückgenommen. Da das zur Zeit gültige BMF-Schreiben v. 10.1.2014 (BStBl 2014 I S. 75) von der Finanzverwaltung überarbeitet wird, könnte die Rücknahme dafür sprechen, dass die Entscheidung des FG Nürnbergs in der Praxis angewendet werden soll.