Gewerbesteuererklärung 2011: Aktuelle Rechtsentwicklung

Die nachfolgende Übersicht zu Urteilen und Verwaltungsanweisungen soll eine praktische Checkliste sein, gedacht zum schematischen Abhaken während der Bearbeitung der Gewerbesteuererklärung 2011.

Laut BFH (Beschluss v. 26.8.2010, I B 49/10, BStBl 2011 II S. 826) ist es ernstlich zweifelhaft ist, ob die Mindestgewinnbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG verfassungsrechtlichen Anforderungen auch dann standhält, wenn eine Verlustverrechnung in späteren VZ endgültig ausgeschlossen ist.

Die Verwaltung gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung (AdV), wenn die Anwendung von § 10a GewStG zum endgültigen Ausschluss einer Verlustnutzungsmöglichkeit führt, bei

  • einem schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c KStG,
  • der Umwandlung beim übertragenden Rechtsträger (§§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG),
  • der Liquidation einer Körperschaft und
  • Beendigung der persönlichen Steuerpflicht (Tod einer natürlichen Person) und fehlender Möglichkeit der Verlustvererbung.

Die AdV wird auf diese Fallgruppen beschränkt und dementsprechend insbesondere in den Fällen des § 10a GewStG bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft nicht gewährt (BMF, Schreiben v. 19.10.2011, BStBl 2011 I S. 974).

Wichtig: Verluste ausländischer EU-Betriebsstätten, die nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts endgültig nicht mehr nutzbar sind, sind im VZ, in dem die Finalität feststeht, auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags abzugsfähig und unterliegen daher nicht der Hinzurechnung (BFH, Urteile v. 9.6.2010, I R 107/09 und I R 100/09, BStBl 2010 II S. 1065).

Einkünfte von berufsmäßigen Betreuern und Verfahrenspflegern fallen nach der geänderten BFH-Rechtsprechung nicht mehr unter § 15 EStG und unterliegen somit auch nicht der Gewerbesteuer (BFH, Urteile v. 15.6.2010, VIII R 10/09, BStBl 2010 II S. 906 und VIII R 14/09, BStBl 2010 II S. 909). Es handelt sich um Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, weil die Tätigkeiten ebenso wie bei einer Testamentsvollstreckung durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt sind. Da als Reaktion hierauf in allen offenen Fällen der Gewerbesteuermessbescheid von Amts aufgehoben wird (OFD Münster, Verfügung v. 15.11.2010, Kurzinformation ESt Nr. 24/2010), sollten Betroffene prüfen, ob dies tatsächlich geschehen ist.

Zur Hinzurechnung von Finanzierungskosten nach § 8 Nr. 1 GewStG ist der überarbeitete Länder-Anwendungserlass vom 30.8.2011 (ohne Az.) zu beachten, der aktuelle Änderungen, Ausnahmen und neue Hinweise beinhaltet - z.B. zur Reinigung von Berufskleidung, Hotelnutzung, Anmietung von Kfz und Maschinen, zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlage- oder Umlaufvermögen, zu Pensionsrückstellungen, Erbbauzinsen sowie zur Nutzung von Rechten.

Durch das sog. Bankenprivileg des (§ 19 Abs. 4 GewStDV) entfällt die Hinzurechnung der Finanzierungsaufwendungen gem. § 8 Nr. 1a GewStG für Leasingunternehmen ab 2011 nur noch, wenn sie als Finanzdienstleistungsinstitut qualifiziert sind und wenigstens die Hälfte der Umsätze auf Finanzdienstleistungen entfallen (Ländererlass v. 27.11.2009, o. Az., BStBl 2009 I S. 1595). Wollen Leasingunternehmen das Gewerbesteuerprivileg in Anspruch, müssen sie sich als Finanzdienstleistungsinstitut nach dem KWG qualifizieren. Das Gewerbesteuerprivileg erstreckt sich auf Zinsaufwand, der auf Finanzdienstleistungsaktivitäten entfällt.

Entgegen der Auffassung der Verwaltung unterliegen Personengesellschaften, an denen nur ein Gesellschafter mitunternehmerisch beteiligt ist, nicht der Gewerbesteuer - sog. Ein-Unternehmer-Personengesellschaft (BFH, Urteil v. 3.2.2010, IV R 26/07, BStBl 2010 II S. 751). Voraussetzung für die Begründung der persönlichen Steuerpflicht einer Personengesellschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist ein mitunternehmerisch geführter Gewerbebetrieb.

Die Beurteilung, ob dies vorliegt, richtet sich nach ertragsteuerlichen Kriterien und die Mitunternehmerschaft ist dann anzunehmen, wenn die unternehmerische Tätigkeit nicht nur durch einen Gesellschafter alleine, sondern zusammen mit anderen Mitunternehmern in gesellschaftlicher Verbundenheit ausgeübt wird.

Somit ist nicht die Personengesellschaft selbst als Unternehmerin des Betriebes anzusehen, sondern vielmehr die einzelnen Gesellschafter. Sofern die Verwaltung bisher von einer anderen Auffassung ausgegangen ist, hält sie daran nicht mehr fest. Das Urteil ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Davon ist allerdings folgender Sachverhalt zu unterscheiden: Nimmt die Komplementär-GmbH (Treuhänderin) die Rechte aus dem Komplementäranteil treuhänderisch für den Kommanditisten (Treugeber) wahr, so ist ein mitunternehmerisch geführter Betrieb einer Personengesellschaft anzunehmen (OFD Rheinland, Kurzinfo ESt 55/2010 v. 24.11.2010, G 1400 - St 157).

Unabhängig von der sonstigen Tätigkeit erzielen Selbstständige durch den Betrieb einer Solaranlage i. H. der vom Netzbetreiber gewährten Vergütung Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung gem. § 15 Abs. 2 EStG (OFD Niedersachsen, Verfügung v. 17.9.2010, S 2240 - 160 - St 221/St 222). Dabei ist grundsätzlich von der Gewinnerzielungsabsicht auszugehen. Lediglich in den Fällen, in denen eine Fremdfinanzierung vorliegt, ist dies im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsdaten der Anlage, der erhaltenen Fördermittel, der vorgenommenen Investitionen und der Finanzierung zu prüfen.

Grundstücksverwaltende Personen- und Kapitalgesellschaften sichern sich die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 GewStG, indem sie bis zum Ende des Wirtschaftsjahres keine über den gesetzlichen Katalog hinausgehenden Tätigkeiten ergreifen (BFH, Urteil v. 5.3.2008, I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359). Zu beachten ist, dass nur die Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft entfallen. Soweit der Mitunternehmer der Gesellschaft Darlehen überlässt oder andere Leistungen wie z.B. Beratungsleistungen erbringt, ist die erweiterte Kürzung ausgeschlossen.

Die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags erfolgt für die Mitunternehmer zur Anrechnung auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG anhand des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels der Gesellschaft (BFH, Beschluss v. 7.4.2009, IV B 109/08, BStBl 2010 II S. 116). Damit sind Vorabgewinne, Sondervergütungen oder Ergebnisse von Sonder- und Ergänzungsbilanzen eines Gesellschafters nicht zu berücksichtigen. Das gilt ab dem Erhebungszeitraum 2011, zuvor blieb es bei der Einbeziehung von gewinnabhängigen Vorabgewinnanteilen in den Aufteilungsmaßstab, sofern kein Mitunternehmer dieser Berechnungsweise widersprach (BMF, Schreiben v. 22.12.2009,, BStBl 2010 S. 43).

Praxis-Tipp: Sofern noch nicht geschehen, sollten gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen angepasst werden, um verlorene Anrechnungsüberhänge bei der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu vermeiden. Insbesondere sind Vorabgewinne zu reduzieren.

Eine Gewerbesteuer-Rückstellung gehört zwar gem. § 4 Abs. 5b EStG nicht zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben, in der Steuerbilanz ist jedoch weiterhin eine Rückstellung mit dem vollen Betrag ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuer zu bilden (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 19/2010 vom 2.9.2010). Sie mindert damit den Wert des Betriebsvermögens und erleichtert den Investitionsabzugsbetrag, der hieran gekoppelt ist.

Wichtig: Durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die handelsrechtlich zu bildenden Gewerbesteuerrückstellungen auch in der Steuerbilanz auszuweisen und die daraus resultierenden Gewinnminderungen außerbilanziell zu korrigieren. Entsprechendes gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln und für die § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht gilt. Der Hinweis „Abzugsverbot” in H 5.7 Abs. 1 des Einkommensteuerhandbuchs wurde ersatzlos gestrichen (OFD Frankfurt, Verfügung v. 18.3.2011, S 2137 A - 63 - St 210).

Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer zählen weiterhin zu den steuerpflichtigen Einnahmen. Nach § 4 Abs. 5b EStG werden nur die Nachzahlungszinsen als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe behandelt (OFD Münster, Verfügung v. 3.12.2010, Kurzinfo KSt 6/2010).

In § 8 Nr. 1e GewStG war der fingierte Finanzierungsanteil in Mieten und Pachten, der bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen ist, für unbewegliche Anlagegüter (insbesondere Grundstücke) bereits ab dem Erhebungszeitraum 2010 von 65 % auf 50 % vermindert worden.

Ist in einem an eine Personengesellschaft gerichteten bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheid i. S. v. § 10 a GewStG der Fehlbetrag nicht um den Anteil eines ausgeschiedenen Mitunternehmers gekürzt worden, steht der anteilige Fehlbetrag den beteiligten Mitunternehmern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zur Verrechnung mit deren künftigen Erträgen zur Verfügung (BFH, Urteil v. 16.6.2011, IV R 11/08, BFH/NV 2011 S. 1750).

Praxis-Tipp: Ein vor der Betriebseröffnung gebildeter Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG wirkt sich gewerbesteuerlich noch nicht aus, wohl aber die nachfolgende gewinnerhöhende Hinzurechnung des Wirtschaftsgutes nach der Betriebseröffnung. Zur Vermeidung von Härten wird diese Gewinnerhöhung im Jahr der Investition auf Antrag nach § 163 AO insoweit nicht in den Gewerbeertrag einbezogen (Ländererlasse v. 26.1.2011, BStBl 2011 I S. 152).