Die Pläne von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso für eine eigene EU-Steuer sind in Deutschland erwartungsgemäß auf heftige Kritik gestoßen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Donnerstag: "Es gibt keinen Bedarf für eine solche Steuer, denn die EU hat kein Finanzierungsproblem." Die EU-Kommission hatte am Mittwoch ihre Vorstellungen für den Finanzrahmen der EU in den Jahren 2014 bis 2020 vorgelegt und darin Vorschläge für eigene Steuereinnahmen gemacht. Dazu gehört auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wies die Forderung nach einer eigenen EU-Steuer zurück. "Das wäre nichts anderes als eine weitere Macht- und Kompetenzverschiebung nach Brüssel zulasten der Nationalstaaten", erklärte Dobrinth. Ein finanzielles Eigenleben Brüssels an den Mitgliedstaaten vorbei widerspreche klar den Gründungsverträgen der EU. "Es würde schlicht bedeuten: Mehr Macht für Brüssel auf Kosten der Nationalstaaten."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte dagegen den Außenminister auf, eine europäische Finanztransaktionssteuer zu unterstützen. "Guido Westerwelle gibt erneut den tumben Anti-Europäer. Statt mit dieser Steuer den EU-Haushalt zu vereinfachen, stellt sich Westerwelle lieber schützend vor die europäischen Finanz-Zocker", erklärte Trittin.

Nach Einschätzung des Steuerexperten Wolfgang Weiß sind die Pläne Barrosos zum Scheitern verurteilt. "Das ist politisches Geplänkel, da die EU, insbesondere die Kommission, eine solche Steuer nicht einführen darf", sagte der Leiter des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, der dpa. Die EU habe keinerlei Steuererfindungsrecht, betonte er. Letztlich bräuchte Barroso deshalb für seine Pläne die Unterstützung aller Regierungen und Parlamente in der EU. "Die ist nicht ersichtlich derzeit", sagte Weiß.

Die Deutsche Börse warnte vor negativen Folgen neuer Finanzmarktsteuern in der Europäischen Union. "Wir befürchten, dass Transaktionen in den unregulierten und außerbörslichen OTC-Markt verlagert würden", sagte ein Sprecher des Frankfurter Marktbetreibers am Donnerstag. "Das kann im Lichte der Finanzkrise nicht im Sinne der Regulatoren und des Gesetzgebers sein." Der Dax-Konzern hatte in der Vergangenheit mehrfach gefordert, wenn es zu neuen Regeln komme, müssten diese "international koordiniert und flächendeckend angewandt" werden.