Ermittlung des Direktverbrauchs bei Fotovoltaikanlagen

Der Gesetzgeber hat die Regelungen für die Einspeisevergütung nach dem EEG zuletzt zum 1.4.2012 umfangreich geändert. Davon betroffen war auch der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms aus einer Fotovoltaikanlage. In der Praxis gibt es seither vermehrt Fotovoltaikanlagen, die über keinen gesonderten Zähler für den selbst verbrauchten Strom verfügen. Daraus ergibt sich ein steuerliches Problem.

Änderungen des EEG

Durch die letzte EEG-Novelle wurde für seit dem 1.4.2012 in Betrieb gegangene Fotovoltaikanlagen der bisher gezahlte Eigenverbrauchsbonus (§ 33 Abs. 2 EEG) abgeschafft. Seither wird der selbst verbrauchte Strom durch den Netzbetreiber nicht mehr gesondert vergütet. Damit ist es insofern auch nicht mehr erforderlich, die Menge des selbst verbrauchten Stroms mittels eines Zählers festzuhalten.

Steuerlicher Hintergrund

Wird selbst erzeugter Strom nicht in das Netz eingespeist, sondern direkt im eigenen Haushalt verbraucht, ist dies ertragsteuerrechtlich als Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu werten. Der Wert einer Entnahme wird mit dem Teilwert angesetzt, welcher sich anteilig aus den gesamten Herstellungskosten des produzierten Stroms errechnen lässt. Allerdings wird dazu zwingend die Menge des selbst verbrauchten, steuerlich entnommenen Stroms benötigt. Verfügt die Anlage über mindestens zwei Zähler, so kann die Höhe der selbst verbrauchten kWh abgelesen bzw. aus der Differenz zwischen dem erzeugten und dem ins Netz eingespeisten Strom errechnet werden.

Wie ist bei fehlendem 2. Zähler vorzugehen?

Doch gerade bei neueren Fotovoltaikanlagen wurde oftmals kein zweiter Zähler mehr eingebaut, der den Gesamtertrag - also den gesamten erzeugten Strom - misst. Damit liegen keine konkreten Aufzeichnungen über den Umfang der Stromentnahme vor, bekannt ist nur die Menge des eingespeisten Stroms. Fehlt es an einer erforderlichen Besteuerungsgrundlage, kann diese geschätzt werden (§ 162 AO).

Handhabung durch die Finanzämter

Von einigen Finanzämtern wird die erzeugte Strommenge pauschal mit 1.000 kWh je installierter kWp-Leistung der Fotovoltaikanlage geschätzt und sodann wie folgt gerechnet:

Beispiel: Familie Sommer hat seit Juli 2012 auf ihrem EFH eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 4 kWp installiert. Die Anlage hat jedoch nur einen Zähler, der den eingespeisten Strom misst und der zum 31.12.2012 einen Stand von 1.500 kWh ausweist.

Das Finanzamt schätzt die Höhe des gesamten erzeugten Stroms für 2012 mit 4 x 1.000 kWh x 6/12 = 2.000 kWh. Da nur 1.500 kWh ins Netz eingespeist worden sind, wurden folglich 500 kWh entnommen.

Zutreffende Schätzung ist wichtig

Zu dieser Schätzungsmethode gibt es keine bundeseinheitliche Anweisung durch die Finanzverwaltung. Sie ist zwar recht einfach, aber bei näherer Betrachtung oftmals ungenau und zudem fiskalisch. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass die erzeugte Strommenge deutlich schwanken kann, was jeder Betreiber einer Fotovoltaikanlage im sonnenarmen 1. Halbjahr 2013 leidvoll feststellen musste. Zudem können die angenommenen 1.000 kWh je kWp im süddeutschen Raum bei guten Bedingungen erreicht werden, jedoch kaum in den nördlicheren Bundesländern oder bei örtlichen Einschränkungen, wie z. B. bei Tal- oder Nebellagen.

Alternative Ermittlungsmethoden

  • Zweifellos am exaktesten wäre die nachträgliche Installation des bisher fehlenden 2. Stromzählers. Doch dies verursacht beträchtliche Kosten, sodass selbst eine ungünstige Schätzung durch das Finanzamt auf Dauer günstiger kommt.
  • Verbessert bzw. korrigiert werden kann die Schätzung, wenn für die Höhe des privaten Stromverbrauchs zusätzlich noch auf die statistischen Werte zum Stromverbrauch eines vergleichbaren Haushalts zurückgegriffen wird.
  • Im Regelfall verfügt ein Wechselrichter über einen eingebauten Zähler, der die Daten der erzeugten Strommenge aufzeichnet. Dieser Zähler ist zwar nicht geeicht, jedoch werden die daraus gewonnenen Daten immer noch präziser sein, als eine vom Finanzamt pauschal vorgenommene freie Schätzung.