Brexit: Verluste einer UK-Betriebsstätte

Im entworfenen Fall unterhält die inländische A-GmbH & Co. KG eine Betriebsstätte im Vereinigten Königreich (UK), die Verluste erwirtschaftet. Können die Verluste in Deutschland abgezogen werden?

Hinweis zu den Fällen: Die in dieser Serie erscheinenden Fälle zum Brexit sind aus der Sicht des immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits entworfen worden. Sie behandeln die wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU entstehen.

Lösung:

Ein Abzug der Verluste ist nicht möglich.

Hintergrundinfo:

Gewinne einer in UK belegenen Betriebsstätte werden nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a, Art. 7 Abs. 1 DBA-UK von der deutschen Besteuerung freigestellt. Nach der vom BFH vertretenen "Symmetriethese" erfasst die Freistellung dann auch Verluste, sodass auch Verluste im Inland nicht abgezogen werden können (st. Rspr., z. B. BFH, Urteil v. 17.7.2008, Haufe Index 2036285). Möglich ist bei natürlichen Personen nur die Berücksichtigung im Wege des negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG.

ine Ausnahme hiervon könnte nur gelten, wenn für die Einkünfte aus UK ausnahmsweise die Anrechnungsmethode gilt. Das wäre etwa der Fall, wenn keine gewerblichen Einkünfte vorliegen, sondern Vermögensverwaltung, für die nach dem DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zustünde. Nach deutschem Recht hat eine GmbH & Co. KG als gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zwar zwingend gewerbliche Einkünfte, doch gilt dies nicht für das Abkommensrecht. Abkommensrechtlich kann eine GmbH & Co. KG daher Einkünfte aus Vermögensverwaltung haben. Allerdings würde dann die Tätigkeit in UK keine Betriebsstätte bilden. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-UK statt der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode gilt, wenn der deutsche Stpfl. nicht nachweist, dass die Betriebsstätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie die Gewinne (Verluste) erzielt hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus "aktiven" Einkünften nach § 8 Abs. 1 AStG erzielt hat. Soweit danach die Anrechnungsmethode gilt, können Verluste grundsätzlich im Inland abgezogen werden. Allerdings ist zusätzlich § 2a Abs. 1 – 2a EStG zu berücksichtigen, nach dem der Abzug der Verluste ausgeschlossen sein kann. § 2a EStG verstößt insoweit nicht gegen das DBA, da das DBA lediglich bestimmt, dass Deutschland die Einkünfte besteuern kann (bzw. die Verluste zum Abzug zulassen kann). Ob dies wirklich geschieht, ist nach nationalem Recht zu bestimmen. Wenn Deutschland daher den Abzug der Verluste durch § 2a Abs. 1 EStG einschränkt, bedeutet dies nur, dass Deutschland insoweit von seiner durch das DBA-UK eingeräumten Regelungsbefugnis in der Form Gebrauch gemacht hat, dass die in § 2a Abs. 1 EStG aufgeführten Verluste nicht abzugsfähig sind.

UK ist nach dem Brexit nach § 2a Abs. 2a Nr. 1 EStG ein Drittstaat, sodass § 2a Abs. 1 EStG anwendbar ist; für EU- und EWR-Betriebsstätten wäre § 2a EStG nicht anwendbar.

Negative Einkünfte einer in einem Drittstaat belegenen Betriebsstätte sind nach § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar. Die Verluste sind jedoch nach § 2a Abs. 2 S. 1 EStG abziehbar, wenn der Stpfl. nachweist, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebsstätte stammen, die ausschließlich oder fast ausschließlich bestimmte, als "aktiv" eingeordnete Tätigkeiten betreibt. Die Definition der danach "aktiven" Einkünfte nach § 2a Abs. 2 S. 1 EStG ist deutlich enger als die entsprechende Definition in Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-UK. Das bedeutet, dass negative Einkünfte, die nach § 2a Abs. 2 S. 1 EStG "aktiv" sind und daher im inland abgezogen werden könnten, immer auch "aktive" Einkünfte i. S. d. Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-UK sind und daher der Freistellung unterliegen. Bei gewerblichen Betriebsstätten kann also die Konstellation nicht eintreten, dass die (negativen) Einkünfte nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-UK "passiv" sind und daher nicht der Freistellungs-, sondern der Anrechnungsmethode unterliegen, andererseits aber nach § 2a Abs. 2 S. 1 EStG als "aktiv" eingeordnet werden, also nicht dem Abzugsverbot unterliegen. Beide Vorschriften setzen auch "ausschließlich oder fast ausschließlich" aktive Einkünfte voraus, wobei diese Begriffe einheitlich auszulegen sind. Daher kann auch durch Einbeziehung etwaiger passiver Nebeneinkünfte kein anderes Ergebnis erzielt werden.

Die Verluste, die unter § 2a Abs. 1 EStG fallen, können bei natürlichen Personen auch nicht im Wege des negativen Progressionsvorbehalts, § 32b EStG, geltend gemacht werden (h. M., z. B. BFH, Urteil v. 13.5.1993, IV R 69/92, Haufe Index 419219). Die innerhalb der EU geführte Diskussion, ob nicht "finale" Betriebsstättenverluste aus der Sicht der Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 AEUV im Staat des Stammhauses abgezogen werden müssten, hat im vorliegenden Fall keine Bedeutung, da UK Drittstaat ist und für eine Niederlassung in einem Drittstaat die Niederlassungsfreiheit nicht anwendbar ist.

Die Verluste sind also unter keinem Gesichtspunkt abziehbar.

Alle 100 Fälle zu den Rechtsfolgen eines "harten" Brexit

In Ihren Haufe Steuer Office Produkten finden Sie aktuell unter dem Haufe Index 12414049 die komplette Fallsammlung zu den wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU im Falle eines "harten" Brexit entstehen. Gegliedert sind die Fälle in 7 Abschnitte mit folgendem Inhalt:

  • Schutzumfang der europäischen Grundfreiheiten;
  • Ertragsteuern der Unternehmen;
  • Umwandlungen;
  • Umsatzsteuer;
  • Zollrecht;
  • Ertragsteuern der natürlichen Personen;
  • Erbschaftsteuer.

Die Fälle werden bei Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah angepasst. 

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