Brexit: Schenkung oder Vererbung eines Familienheims in UK

A lebt mit seiner Tocher seit 3 Jahren in Manchester. Sowohl A als auch seine Tochter haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Familie hat dort ihren Lebensmittelpunkt in einem eigenen Haus (190 qm) und kommt nur in den Ferien bzw. im Urlaub nach Deutschland. Als A verstirbt, bleibt seine Tochter in dem Eigenheim in Manchester.

Außer dem Eigenheim in Großbritannien soll annahmegemäß kein weiteres Vermögen bestehen. Die Tochter ist annahmegemäß die alleinige Erbin; weitere Personen mit Erbansprüchen gibt es nicht.

Hinweis zu den Fällen: Die in dieser Serie erscheinenden Fälle zum Brexit sind aus der Sicht des immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits entworfen worden. Sie behandeln die wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU entstehen.

Lösung: 

Die Tochter ist aufgrund der Tatsache, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit hat und nicht mehr als 5 Jahre (sondern nur 3 Jahre) dauernd im Ausland lebt, in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 2 Buchst. b ErbStG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Damit unterliegt das weltweite Vermögen der deutschen Erbschaftsteuer. Dies gilt auch für das Eigenheim in Großbritannien, das gem. §§ 157 ff. BewG zu bewerten ist. Durch den Brexit ist die Vererbung eines Familienheims in UK nicht mehr steuerfrei möglich.

Hintergrundinfo:

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist eine Wohnung oder ein Eigenheim von der Erbschaftsteuer befreit, sofern es bis zum Erbfall vom Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist (oder er aus zwingenden Gründen daran gehindert ist) und das erbende Kind dieses weiterhin als Familienheim nutzt. Entsprechendes gilt für den Erwerb durch den überlegenden Ehepartner nach § 13 Abs. 1 Buchst. 4b ErbStG. Dies gilt nicht nur für in Deutschland belegene Immobilien, sondern auch für Immobilien innerhalb der EU und dem EWR.

Mit dem Brexit scheidet Großbritannien aus der EU aus, sodass die Immobilie im Drittland liegt. Für Familienheime im Drittland besteht keine Steuerbefreiung. Die Steuerbefreiung gem. § 13 Nr. 4b ErbStG ist ebenfalls nur für Immobilien in Deutschland, der EU oder dem EWR anwendbar.

Die gleiche Regelung gilt der Sache nach bei einer Schenkung des Familienheims an den Ehegatten oder Lebenspartner (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG). Auch diese Schenkung ist nach dem Brexit nicht mehr steuerfrei möglich.

Hinweis: Keine unbeschränkte Steuerpflicht bei Auslandsaufenthalt von mehr als 5 Jahren

Trotz der deutschen Staatsangehörigkeit tritt jedoch keine unbeschränkte Erbschaft-/Schenkungsteuerpflicht ein, wenn die Familie bereits seit mehr als 5 Jahren dauernd im Ausland lebt und in Deutschland keinen Wohnsitz mehr hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG). Mangels Inlandsvermögen gem. § 121 BewG besteht in diesem Fall in Deutschland keine Erbschaft-/Schenkungsteuerpflicht.

Checkliste:

  • Wird vom Erblasser/Schenker eine Immobilie in UK bewohnt?
  • Soll nach der Erbschaft/Schenkung der Erbe/Beschenkte in der Immobilie leben?
  • Hat der Erblasser/Schenker und/oder der Erbe/Beschenkte die deutsche Staatsangehörigkeit?
  • Ist der Erblasser/Schenker vor über fünf Jahren aus Deutschland weggezogen?
  • Hat der Erbe/Beschenkte in den letzten fünf Jahren in Deutschland gelebt?
  • Soll die Immobilie vererbt/verschenkt werden?

Alle 100 Fälle zu den Rechtsfolgen eines "harten" Brexit

In Ihren Haufe Steuer Office Produkten finden Sie aktuell unter dem Haufe Index 12414049 die komplette Fallsammlung zu den wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU im Falle eines "harten" Brexit entstehen. Gegliedert sind die Fälle in 7 Abschnitte mit folgendem Inhalt:

  • Schutzumfang der europäischen Grundfreiheiten;
  • Ertragsteuern der Unternehmen;
  • Umwandlungen;
  • Umsatzsteuer;
  • Zollrecht;
  • Ertragsteuern der natürlichen Personen;
  • Erbschaftsteuer.

Die Fälle werden bei Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah angepasst. 

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