Auszahlung eines Versorgungsguthabens bei zwei Versorgungskonten

Versorgungsleistungen des Arbeitgebers können ermäßigt besteuert werden, wenn sie nicht fortlaufend, sondern in einer Summe gezahlt werden.

Es handelt es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern sind (BFH Urteil vom 12.04.2007 - VI R 6/02). Die Gründe für eine Kapitalisierung von Versorgungsbezügen sind dabei unerheblich.

Fall FG München mit zwei Versorgungskonten

Das FG München hatte aktuell folgenden Fall zu entscheiden: 

Im Rahmen einer Konzernbetriebsvereinbarung hatte eine AG für sämtliche dem Konzernverbund angehörenden Gesellschaften die Einrichtung eines Versorgungswerkes zur Schaffung einer zusätzlichen Altersvorsorge beschlossen (Pensionsplan). Hierbei handelt es sich um ein beitragsorientiertes System, das aus dem vom Unternehmen finanzierten Basiskonto und dem optionalen durch Entgeltumwandlung finanzierten Aufbaukonto besteht. Zusätzlich werden Altersleistungen, Invaliditätsleistungen im Falle unbefristeter Gewährung gesetzlicher Erwerbsminderungsrente sowie Todesfallleistungen und ein sogenanntes Überbrückungsgeld im Falle der befristeten Gewährung einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente als Versorgungsleistungen gewährt. Die Durchführung des Pensionsplans erfolgt grundsätzlich unmittelbar als Direktzusage des Unternehmens.

Auch die Klägerin im Urteilsfall des FG München hatte bis zu ihrem Ausscheiden aus Ihrem Unternehmen im Wege der Gehaltsumwandlung Einzahlungen in den Vorsorgeplan getätigt. Im Jahr 2013 erhielt Sie von ihrem Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung. Von der vereinbarten Abfindungssumme von insgesamt 361.598,96 EUR wurde im Wege der Entgeltumwandlung ein Betrag von 120.000 EUR in das Aufbaukonto der betrieblichen Altersversorgung eingezahlt. In 2015 erhielt sie das auf dem Aufbaukonto ausgewiesene Versorgungsguthaben in Höhe von rund 144.000 EUR als Einmalbetrag ausbezahlt. Daneben bezog Sie vom Arbeitgeber Überbrückungsgeld wegen voller Erwerbsminderung. Dieses betrug in 2015 22.334,58 EUR und in 2016 18.604,32 EUR.

Ermäßigte Besteuerung des Versorgungsguthabens?

Das Finanzamt lehnte im Veranlagungsverfahren eine ermäßigte Besteuerung ab. Im Falle von Teilkapitalauszahlungen in mehreren Kalenderjahren sei der Tatbestand der Zusammenballung von Einkünften nicht erfüllt. Da auch in 2015 und 2016 laufende Versorgungsbezüge geleistet worden seien und kein weiterer Altersvorsorgevertrag vorliege, müsse es sich um Teilkapitalauszahlungen handeln. Es handele sich auch nicht um zwei Ansprüche aus zwei Verträgen. Letztlich sei aus diesem einheitlichen Versorgungsanspruch nur ein Teilbetrag in einer Summe ausbezahlt worden. Dies schließe jedoch eine Zusammenballung und damit eine Steuerermäßigung wegen außerordentlicher Einkünfte aus. 

FG München besteuert ermäßigt 

Dies sieht das FG München erfreulicherweise anders (Urteil vom 05.12.2019 - 10 K 2705/18). Die Auszahlung des auf dem Aufbaukonto angesparten Versorgungsguthabens in einem Betrag führt zu einer atypischen Zusammenballung von Einkünften, die eine höhere Einkommens-teuer auslösen könnte, als dies bei einem verteilten Zufluss der Einnahmen der Fall gewesen wäre.

An der "Zusammenballung" und damit der "Außerordentlichkeit" der Einkünfte fehlt es nicht deshalb, weil die Klägerin neben der Auszahlung des auf dem Aufbaukonto angesparten Versorgungsguthabens in 2015 und 2016 fortlaufend ein Überbrückungsgeld bezogen hat. Die Leistung des Überbrückungsgeldes stellt keine Teilauszahlung eines einheitlichen Versorgungsanspruchs dar, weil es vom Arbeitgeber unabhängig vom Anspruch auf das jeweilige Versorgungskonto geleistet wird und auch insoweit anderen Voraussetzungen (Gewährung Erwerbsminderungsrente) unterliegt.

Der Anwendung des § 34 EStG steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin lediglich das Versorgungsguthaben des Aufbaukontos und nicht auch dasjenige des Basiskontos hat aus-zahlen lassen. Nach Auffassung des FG handelt es sich hierbei nicht um eine Teilkapitalauszahlung eines einheitlichen vertraglichen Anspruchs. Zwar sind sowohl die Leistungen aus dem Basiskonto als auch diejenigen aus dem Aufbaukonto Bestandteil einer betrieblichen Gesamtversorgung. Gleichwohl handelt es sich hierbei um zwei selbständige und auch von den Vertragspartnern von vornherein getrennt behandelte Ansprüche. So werden die Versorgungsleistungen aus dem Basiskonto ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert und bestehen unabhängig von einem etwaigen Eigenbeitrag des betroffenen Arbeitnehmers.

Davon unabhängig haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, durch Entgeltumwandlung ein eigenes Versorgungsguthaben auf einem hierfür eingerichteten Aufbaukonto anzusparen. Ob und in welcher Höhe die Mitarbeiter ein solches Kapital ansparen, ist allein ihrer Entscheidung überlassen. Das auf dem Aufbaukonto gutgeschriebenen Kapital entspricht im Ergebnis einem beim Arbeitgeber aus bereits erdienten Lohnansprüchen angelegten Sparbuch, über dessen Auszahlung der Mitarbeiter getrennt vom Anspruch aus dem Basiskonto entscheiden kann. Dass kein weiterer, separater Altersversorgungsvertrag abgeschlossen worden ist, ist insoweit unerheblich.

Als entscheidend sieht das FG vielmehr an, dass die Klägerin das Aufbaukonto vollständig aufgelöst hat und ihr das gesamte darauf angesparte Versorgungsguthaben in einem Betrag ausbezahlt worden ist.

Revisionsverfahren anhängig

Das FG hat die Revision zugelassen, weil bisher höchstrichterlich weder entschieden, ob eine teilweise Umwandlung eines Entschädigungsanspruchs wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes zugunsten der betrieblichen Altersversorgung eine die Anwendung des § 34 EStG ausschließende Teilauszahlung einer einheitlichen Entschädigung darstellt, noch, ob die Inanspruchnahme nur eines Versorgungsguthabens bei einer aus zwei Versorgungskonten bestehenden betrieblichen Altersversorgung der Anwendung der Tarifermäßigung entgegensteht. Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH (Az: IX R 3/20) entschieden hat.