Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Erzieherin

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist.

Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung. Dies hat der BFH mit Urteil v. 3.4.2019, VI R 46/17, entschieden. Das Urteil ist aber noch immer nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, sodass es nach Auffassung der Finanzverwaltung wohl noch immer auf die Erforderlichkeit eines Arbeitszimmers ankommt. Das Sächsische FG hat sich mit der Frage beschäftigt, ob auch bei einer Erzieherin ein Arbeitszimmerabzug in Betracht kommen kann.

Fall des Sächsischen FG

Die Klägerin gab an, dass für ihre Tätigkeit als Erzieherin ein häusliches Arbeitszimmer zwingend notwendig sei, um Vor- und Nachbereitungsarbeiten zu erledigen. Diese Arbeiten könnten nicht während der Dienstzeit abgeleistet werden; dies sei auch vom Dienstherrn bestätigt worden. Ein geeigneter Arbeitsplatz, welcher nach den Dienstzeiten für diese Tätigkeiten genutzt werden könne, stehe nicht zur Verfügung. Der Arbeitsplatz in der Kindertagesstätte sei objektiv für die neben der Betreuung der Kinder gesetzlich vorgeschriebenen Tätigkeiten (Schreiben von Einschätzungen und Berichten) und der freiwillig erbrachten Tätigkeiten (Vorbereitung von Aktivitäten in der Kita) nicht geeignet. Eine solche, eine erhebliche Konzentration bedürftige und mit Schreibarbeit verbundene, Tätigkeit könne nicht während der Betreuung von Kindern durchgeführt werden. Hierfür sei das häusliche Arbeitszimmer notwendig. Auch stehe der Arbeitsplatz in der Kita nur zu den regulären Öffnungszeiten zur Verfügung, womit das häusliche Arbeitszimmer für diese Tätigkeiten genutzt werden müsse.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Klägerin in den Räumen der Kindertagesstätte ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. So setzte der Begriff "Arbeitsplatz" keine räumliche Abgeschlossenheit voraus. Auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige mit weiteren Personen teile, könne ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. Die Klägerin hätte die von ihr dargelegten Arbeiten (Vorbereitung von Bastelarbeiten, Gestaltungsübungen, Elterngespräche sowie das Erstellen von Entwicklungsberichten) zwar außerhalb der Dienstzeiten, jedoch am Arbeitsplatz erledigen können. Ein Arbeitszimmer sei somit nicht erforderlich.

Sächsisches FG gewährt Arbeitszimmerabzug

Das Sächsische FG ist der Auffassung der Klägerin gefolgt (Urteil v. 19.7.2021, 3 K 1276/18). Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist; weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. Der andere Arbeitsplatz steht allerdings nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der - an sich vorhandene - andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei die Frage, ob ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, tätigkeitsbezogen zu beantworten. Entscheidend ist danach, ob der "andere Arbeitsplatz" geeignet ist, der beruflichen Tätigkeit dort nachzugehen.

Kein "anderer Arbeitsplatz"

Lege man diese Maßstäbe zugrunde, stand der Klägerin in der Kindertagesstätte kein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung. Ein büromäßig ausgestatteter Arbeitsplatz, an dem sie Schuleignungsprofile von den von ihr betreuten Kindern sowie Vor- und Nachbereitungsarbeiten durchführen konnte, lag nicht vor. Die Kindertagesstätte verfügte lediglich über einen Computer, der sich im Dienstzimmer der Leiterin des Kindergartens befand und von den Erziehern ggf. mitbenutzt werden durfte. Räumlichkeiten, in denen Bastelarbeiten vorbereitet oder Portfolios zusammengestellt werden konnten, waren nicht vorhanden.

Somit war es der Klägerin in der Kindertagesstätte mit den vorhandenen und zugänglichen dienstlichen Vorrichtungen nicht möglich, die objektiv erforderlichen Tätigkeiten, die über die reine Betreuung von Kindern hinausgehen und mit ihrem Beruf verbunden sind, durchzuführen. Um ihrer beruflichen Tätigkeit umfassend nachzukommen, war sie mithin auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen, so das FG. Hieraus ergibt sich dann auch, dass das Arbeitszimmer erforderlich war. Das FG weist aber ergänzend auf die Rechtsprechung des BFH hin, wonach die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung ausreicht.

Umsetzung in der Praxis

Die Entscheidung des FG ist rechtskräftig. Inwieweit die Finanzämter die Entscheidung in der Praxis umsetzen, bleibt abzuwarten. M. E. dürften aber mit Hinweis auf die Entscheidung des Sächsischen FG gute Chancen in Fällen bestehen, in denen büromäßige Arbeiten (z. B. Einschätzungen und Berichte schreiben) nur im häuslichen Arbeitszimmer erledigt werden können, weil im Kindergarten kein Zimmer zur Verfügung steht, welches grundsätzlich so beschaffen ist, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Hierfür ist aber natürlich Voraussetzung, dass für diese bestimmten Tätigkeiten in der Wohnung ein gesonderter Raum vorgehalten wird, der den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt (insbesondere die unschädliche untergeordnete private Mitbenutzung unter 10 %).