Leitsatz

1. Die Gesamtplanrechtsprechung des BFH findet keine Anwendung, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst für die Übertragung von Wirtschaftsgütern in Einzelakten entscheidet und sich diese Schritte zur Erreichung des "Gesamtzieles" als notwendig erweisen, auch wenn dem Ganzen ein vorab erstelltes Konzept zugrunde liegt und die Übertragungen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zueinander erfolgen.

2. Sieht ein vorab erstelltes Konzept vor, dass Teile des vereinbarten Kaufpreises – oder gar der gesamte vereinbarte Betrag – unmittelbar als Schenkung von dem Veräußerer an den Erwerber zurückfließen, liegt in Höhe des zurückgeschenkten Betrags keine entgeltliche Übertragung vor.

3. Bei einer "teilentgeltlichen Betriebsaufgabe" sind die Grundsätze der sog. Einheitstheorie nicht anzuwenden.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 3, § 17 EStG

 

Sachverhalt

E war Gesellschafter einer GmbH und zudem Eigentümer von Grundstücken, die er an die GmbH verpachtete. Um den Übergang seines in Ertrags- und Liquiditätsproblemen steckenden Unternehmens auf die Söhne J und M zu ermöglichen, wurde der folgende Plan entwickelt und mit den Banken abgestimmt:

E veräußerte die Grundstücke an eine aus J und M bestehende GbR zum Kaufpreis von 3 Mio. DM. Ihre Anteile am Kaufpreis überwiesen die Söhne am 22.12.1997 auf das Betriebskonto des E. Dieser wiederum überwies am selben Tag einen Teilbetrag des Kaufpreises i.H.v. 2,33 Mio. DM mit dem Vermerk "Gesellschaftereinlage zur Gutschrift als Kapitalrücklage" auf das Bankkonto der GmbH. Einen weiteren Teilbetrag von rd. 70.000 DM verwendete E, um Bankverbindlichkeiten seines Einzelunternehmens zu begleichen. Von dem restlichen Kaufpreis i.H.v. 600.000 DM überwies er – jeweils mit dem Vermerk "Schenkung" als Verwendungszweck versehen – einen Teilbetrag von 306.000 DM an seinen Sohn J und einen solchen von 294.000 DM an seinen Sohn M zurück. Am 29.12.1997 verkaufte E die GmbH-Anteile an J (Kaufpreis 51.000 DM) und M (Kaufpreis 49.000 DM). Der Kaufpreis entsprach jeweils dem Nominalwert der Geschäftsanteile. Die Söhne überwiesen den Kaufpreis wiederum auf das betriebliche Bankkonto des Vaters. Gleichzeitig überwies dieser die Beträge von 49.000 DM und 51.000 DM – wieder jeweils mit dem Vermerk "Schenkung" – an die Söhne zurück. Im Einzelunternehmen des E wurden nach der Übertragung der Grundstücke und der Geschäftsanteile lediglich die noch laufenden Forderungen und Verbindlichkeiten abgewickelt.

In der ESt-Erklärung wurde die Veräußerung der Grundstücke und der GmbH-Anteile durch E als vollentgeltliche, laufende Geschäftsvorfälle behandelt, die zu einem außerordentlichen Aufwand von circa 1,1 Mio. DM führten. Das FA wertete die Grundstücksveräußerung demgegenüber als teilentgeltlichen Vorgang, durch den die bestehen­de Betriebsaufspaltung beendet worden sei. Die Übertragung der GmbH-Anteile sei dagegen angesichts der von vornherein beabsichtigten Rückschenkung des Kaufpreises im Hinblick auf § 42 AO als unentgeltlicher Vorgang anzusehen, so­dass die erst im Anschluss an die zwangsweise Überführung ins Privatvermögen vorgenommene Einlage nicht berücksichtigungsfähig sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG sah aufgrund der Gesamtplanrechtsprechung des BFH die Übertragungen der Grundstücke sowie der Geschäftsanteile als einheitlichen Vorgang an und kam zu dem Ergebnis, dass die Übertragung insgesamt teilentgeltlich erfolgt sei. Da der Kaufpreis den Buchwert des übertragenen Vermögens nicht überschreite, sei jedoch insgesamt von einer unentgeltlichen Betriebsübertragung auszugehen, sodass bei E weder ein Veräußerungsgewinn noch ein Veräußerungsverlust entstanden sei (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.2.2011, 8 K 60/06, Haufe-Index 2726761).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH war der Auffassung, die Veräußerung der Grundstücke habe zur Beendigung der bestehenden Betriebsaufspaltung und damit zu einer tarifbegünstigten Betriebsaufgabe gem. §§ 16 Abs. 3, 34 EStG geführt. Die sich anschließende Geschäftsanteilsübertragung sei unentgeltlich erfolgt, sodass kein Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG habe entstehen können. Das Verfahren wurde an das FG zurückverwiesen, da die Höhe der stillen Reserven noch festzustellen war.

 

Hinweis

Der Sachverhalt des Besprechungsurteils umschreibt einen – leider missglückten – Versuch, eine Unternehmensnachfolge steueroptimal zu gestalten. Die Gewinnrealisierung aufgrund einer Betriebsaufgabe, welche aufgrund von Rückschenkungen als teilentgeltlich anzusehen ist, sowie die ebenfalls wegen Rückschenkungen nicht als entgeltlich anzusehende Übertragung von GmbH-Anteilen des Privatvermögens führt zu einer im Ergebnis sehr hohen (vermeidbaren?) Steuerlast.

1. Werden sämtliche vom Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft verpachteten Wirtschaftsgüter veräußert und infolgedessen fortan keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr überlassen, entfallen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung. Dies führt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig ...

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