LfSt Bayern, 21.4.2008, S 0560 - 1 St 41 N

Im Interesse einer gleichmäßigen Handhabung sind bei der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern die nachstehenden Grundsätze zu beachten (vgl. dazu auch Vollstreckungskartei Bayern, §§ 328-335 AO, insbesondere zur Behandlung der Zwangsmittel im Vollstreckungsverfahren):

 

1. Allgemeines

Nach § 328 Abs. 1 AO kann ein Verwaltungsakt, der auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchgesetzt werden. Das Zwangsgeld ist wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 328 Abs. 2 AO) das wichtigste Zwangsmittel. Zwangsmaßnahmen nach § 328 AO sind keine Strafen, sondern in die Zukunft wirkende Beugemittel.

Das Zwangsverfahren soll nur durchgeführt werden, wenn auf die Erfüllung der steuerlichen Anordnung (z.B. Abgabe einer Steuererklärung) im Einzelfall wegen ihrer Bedeutung nicht verzichtet werden kann. Ist kein oder nur ein geringer steuerlicher Erfolg zu erwarten, so ist ein Zwangsverfahren auch wegen des hierfür notwendigen Verwaltungsaufwandes i.d.R. nicht zweckmäßig. Vielfach wird es ausreichen, wenn das FA nach vorheriger Ankündigung (vgl. § 91 AO) die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege ermittelt (§ 162 AO). Zwangsmaßnahmen sollen auch nur dann ergriffen werden, wenn das FA entschlossen ist, die Befolgung seiner Anordnung mit Nachdruck zu betreiben. Es ist unzweckmäßig, zunächst ein Zwangsgeld anzudrohen und festzusetzen und bei Erfolglosigkeit dieser Maßnahme auf die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zurückzugreifen. Vielmehr ist in diesem Fall eine weitere Zwangsgeldandrohung und -festsetzung mit höheren Beträgen durchzuführen.

Es ist zulässig, Zwangsgeld auch dann noch anzudrohen und festzusetzen, wenn die Besteuerungsgrundlagen bereits geschätzt worden sind, da auch dann die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bestehen bleibt (§ 149 Abs. 1 Satz 4 AO).

Mit der Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens wegen Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen soll rechtzeitig begonnen werden, damit der Eingang der Erklärungen noch vor Abschluss der Veranlagung erreicht wird.

 

2. Personenkreis der Inhaltsadressaten

 

2.1 Allgemein

Die zu erzwingenden Anordnungen und Zwangsmittel können sich sowohl gegen den Steuerpflichtigen. als auch gegen andere Personen (z.B. auskunftspflichtige Dritte, Duldungspflichtige oder Drittschuldner, siehe § 316 Abs. 2 Satz 3 AO, Abschn. 44 Abs. 2 VollstrA) richten, die zu einem bestimmten Verhalten – Tun, Dulden, Unterlassen – verpflichtet sind. Sie dürfen aber nur ergehen, wenn der Adressat tatsächlich in der Lage ist, die Anordnung zu erfüllen.

 

2.2 Zwangsmittel gegen den Steuerpflichtigen

Handelt es sich um Abgabe von Steuererklärungen (Wissenserklärungen), so sind Zwangsmaßnahmen gegen den Steuerpflichtigen zu richten. Auch gegen eine juristische Person kann Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden (BFH-Urteil vom 27.10.1981, VII R 2/80, BStBl 1982 II S. 141). Dasselbe gilt für nichtrechtsfähige Personenvereinigungen (z.B. Personengesellschaften, Gemeinschaften), soweit sie steuerlich rechtsfähig und Steuerschuldner sind, z.B. für die Umsatzsteuer (§ 13 Abs. 2 UStG) oder für die Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Soll von einem Unternehmer die Abgabe von Betriebsteuererklärungen erzwungen werden, sind Zwangsmaßnahmen nur an ihn, nicht aber auch an seine Ehefrau zu richten.

Die Frage, ob der vom FA zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung aufgeforderte Steuerpflichtige tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist, ist im Zwangsverfahren nicht zu klären. Zur Erklärungsabgabe ist jeder verpflichtet, der hierzu vom FA aufgefordert wird (BFH-Beschluss vom 17.1.2003, VII B 228/02, BFH/NV 2003 S. 594).

 

2.3 Zwangsmittel gegen Personen im Sinne des § 34 AO

Die Androhung und Festsetzung können auch gegenüber dem gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person oder gegenüber dem Geschäftsführer einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung erfolgen, weil diese Personen die steuerlichen Pflichten der juristischen Person oder der nichtrechtsfähigen Personenvereinigung zu erfüllen haben (§ 34 Abs. 1 AO). Gleiches gilt für die Gesellschafter einer Personengesellschaft, wenn ein Geschäftsführer nicht vorhanden ist (§ 34 Abs. 2 AO).

Es ist im Einzelfall nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden, ob das Zwangsgeldverfahren gegen die juristische Person bzw. die nichtrechtsfähige Personenvereinigung oder gegen die in § 34 AO bezeichneten Personen durchzuführen ist. Bei Personengesellschaften ist es angezeigt, Zwangsgeldmaßnahmen wegen Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen (USt, GewSt) nur gegen die in § 34 genannten Personen zu ergreifen. Dann können diese Zwangsgeldmaßnahmen mit einem Zwangsgeld wegen Nichtabgabe der Gewinnfeststellungserklärung verbunden werden, weil Letzteres ausschließlich gegen die Personen nach § 34 AO zu richten ist (vgl. § 181 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 AO).

Zur Androhung und Festsetzung von Zwangsmittel gegenüber dem Ins...

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