Leitsatz

Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Arbeitnehmer und zur betrieblichen Gesundheitsförderung können zu steuerbarem Arbeitslohn führen, wenn sich die Vorteile bei objektiver Würdigung aller ­Umstände als Entlohnung und nicht lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 34, § 8 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin bot ihren Arbeitnehmern eine sog. Sensibilisierungswoche an. Diese umfasste u.a. Veranstaltungen, Kurse und Workshops betreffend Ernährung und Bewegung, Körperwahrnehmung und Eigendiagnostik, (Herz-Kreislauf-)Training und Belastung, Achtsamkeit, Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit sowie ein Koordinationstraining für den Alltag und sollte der Personal-, Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung dienen.

Das Angebot richtete sich an sämtliche Mitarbeiter der Klägerin. Eine Pflicht zur Teilnahme an der Sensibilisierungswoche bestand nicht. Die Kosten für die Teilnahme an der Sensibilisierungswoche (ca. 1.300 EUR pro Mitarbeiter) übernahm die Klägerin. Die Fahrtkosten hatten die teilnehmenden Arbeitnehmer selbst zu tragen. Sie hatten für die Teilnahme an der Sensibilisierungswoche zudem Zeitguthaben oder Urlaubstage aufzuwenden.

Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Klägerin habe ihren Arbeitnehmern durch die Teilnahme an der Sensibilisierungswoche Sachbezüge zugewandt und forderte von ihr insoweit Lohnsteuer einschließlich Nebenabgaben nach. Das FG wies die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 26.1.2017, 9 K 3682/15 L, Haufe-Index 10643783, EFG 2017, 732).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin wies der BFH zurück. Die Würdigung des FG, die Klägerin habe ihren Arbeitnehmern durch die Teilnahme an der Sensibilisierungswoche steuerbaren Arbeitslohn zugewandt, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

1. Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur ­Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (st. Rspr., z.B. BFH, Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12, BFH/PR 2014, 126, BFH/NV 2014, 417; BFH, Urteil vom 10.3.2016, VI R 58/14, BFH/NV 2016, 1099, BFH/PR 2016, 237).

2. Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt folglich von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn. Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist (BFH, Urteil vom 11.3.2010, VI R 7/08, BFH/NV 2010, 1332).

3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Würdigung des FG, die Klägerin habe ihren Arbeitnehmern durch die Teilnahme an der Sensibilisierungswoche steuerbaren Arbeitslohn zugewandt, im Streitfall revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn bei der Sensibilisierungswoche handelte es sich um eine gesundheitspräventive Maßnahme der Klägerin für ihre Arbeitnehmer, die keinen Bezug zu berufsspezifisch bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufwies. So wurden neben allgemeinen Gesundheitsfragen beispielsweise auch Themen wie Burn-Out, Stressbewältigung und die Erkennung eigener Defizite behandelt. Damit gewährte die Klägerin ihren Arbeitnehmern Vorteile, die in den Bereich der Lebensführung fielen.

4. Das FG hat auch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an der Zuwendung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.

a) Der von der Klägerin mit der Sensibilisierungswoche zweifellos auch verfolgte betriebliche Zweck, die Beschäftigungsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Motivation der aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend alternden Belegschaft zu erhalten, habe nicht derart im Vordergrund gestanden, da...

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