Leitsatz

Die Tätigkeit eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers ist kein Schul- oder Hochschulunterricht i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 21 UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein Präventions- und Persönlichkeitstrainer. Das Team, dem er angehört, bot u.a. Kinderbewegungsprogramme, Präventionstrainings im Kindergarten, in der Grundschule und in weiterführenden Schulen, Persönlichkeitstrainings für Frauen und für ältere Menschen sowie Erziehungsseminare für Eltern an. Der Kläger gibt an, er werde teilweise von den Eltern beauftragt, die ihn auch bezahlen würden, ansonsten über die Schule.

Der Kläger erklärte zunächst steuerpflichtige Umsätze, beantragte aber später, die Konfliktpräventionskurse an Schulen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei zu belassen. Das FA lehnte dies ab; der Einspruch blieb erfolglos.

Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.8.2019, 7 K 7342/16, Haufe-Index 13888417, EFG 2020, 1101) wies die Klage ab. Es könne nicht feststellen, dass die vom Kläger erklärten Umsätze steuerfrei seien. Unter anderem könne sich der Kläger nicht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i EGRL 112/2006 berufen. Es fehle bereits an der Qualifizierung als Schul- und Hochschulunterricht i.S. dieser Vorschrift. Dies gelte auch für die Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j EGRL 112/2006. Außerdem schulde der Kläger die USt für den weit überwiegenden Teil seiner Umsätze gemäß § 14c Abs. 1 UStG.

Mit Beschluss vom 5.2.2020, XI B 94/19 hat der BFH die Revision für Besteuerungszeiträume zugelassen, in denen die Steuerschuld nicht auf Rechnungen i.S.d. § 14c UStG beruhte.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Dieses muss die in den Praxis-Hinweisen genannten Prüfungen vornehmen.

 

Hinweis

1. Das besprochene Urteil folgt der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 14.3.2019, C-449/17, A & G Fahrschul-Akademie, BFH/NV 2019, 511; EuGH, Beschluss vom 7.10.2019, C-47/19, Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst, BFH/NV 2020, 78; EuGH, Urteil vom 21.10.2021, C-373/19, Dubrovin & Tröger – Aquatics, BFH/NV 2021, 1629): Ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht (hier u.a. Präventionstrainings im Kindergarten, in der Grundschule und in weiterführenden Schulen), der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt, ist kein "Schul- und Hochschulunterricht".

2. Der BFH gibt dem FG allerdings im Rahmen der Zurückverweisung die Prüfung auf, ob die Kurse nicht trotzdem steuerfrei sein könnten:

a) Er denkt daran, dass es sich dabei um eine "Erziehung von Kindern" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i EGRL 112/2006) handeln könnte.

Erziehung erfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Bestrebungen, Vorgänge und Tätigkeiten, die den Erziehungsvorgang (Entwicklungsvorgang) beeinflussen. Sie ist auf die umfassende Schulung des menschlichen Charakters und die Bildung der Persönlichkeit im Ganzen gerichtet. Dazu gehören außer der im Unterricht dargebotenen Wissensvermittlung z.B. die Willens- und die Charakterbildung (BFH, Urteil vom 21.11.1974, II R 107/68, BStBl II 1975, 389; BFH, Urteil vom 11.6.1997, XI R 2/95, BFH/NV 1997, 472, BStBl II 1997, 687; BFH, Urteil vom 29.9.2020 VIII R 10/17, BFH/NV 2021, 576, BStBl II 2021, 387).

Ob dieser nationale Sprachgebrauch auf den autonomen unionsrechtlichen Begriff unbesehen übertragen werden kann, hat der BFH dabei nicht entschieden.

b) Außerdem könnten die Kurse Unterrichtseinheiten i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j EGRL 112/2006 sein, die sich auf den Schulunterricht der Schulen beziehen, an denen sie abgehalten werden. Der BFH weist darauf hin, dass es für eine Steuerbefreiung ausreichen könnte, dass sich die Unterrichtseinheit auf einen Schul- oder Hochschulunterricht i.S.d. Ausführungen unter 1. "bezieht". Das FG muss außerdem prüfen, ob der Kläger Privatlehrer ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.12.2021 – XI R 3/20

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