Leitsatz

1. Der im nationalen Recht vorgesehene ermäßigte Umsatzsteuersatz für Personenbeförderungsleistungen im Nahverkehr durch Taxen ist unionsrechtskonform und gilt grundsätzlich nicht für entsprechende von Mietwagenunternehmern erbrachte Leistungen.

2. Anders kann es sein, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, beruhen.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG, § 47, § 49 Abs. 4 PBefG, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. 6. EG-RL Anhang H Kategorie 5, Art. 98 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Nr. 5 MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens ist unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität besonders brisant, weil die Klägerin offenbar einen Teil der Fahrten auf der Grundlage von Sondervereinbarungen mit Großkunden unter nahezu gleichlautenden Bedingungen wie bei Taxiunternehmern ausgeführt hat.

Das FG verneinte – wie zuvor das FA – einen Anspruch der Klägerin auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr erbrachten Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen (Sächsisches FG, Urteil vom 21.9.2010, 3 K 2016/07, Haufe-Index 2657460, EFG 2011, 1370).

 

Entscheidung

Dieses BFH-Urteil ist die Nachfolgeentscheidung zu dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 27.2.2014, C-454/12.

Der XI. Senat des BFH hatte den EuGH mit Beschluss vom 10.7.2012, XI R 39/10 im Wege eines Vorabentscheidungsersuchen angerufen (vgl. BFH/PR 2012, 408) und gefragt, ob die unterschiedliche Behandlung der streitigen Umsätze durch § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität in Einklang stehe. Denn der Grundsatz der Neutralität verbiete es insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Nach Ergehen der EuGH-Entscheidung hob der BFH das klageabweisende Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die unterschiedliche Besteuerung von Personenbeförderungsleistungen im Nahverkehr durch einerseits Taxen und andererseits Mietwagen sei grundsätzlich unionsrechtskonform. Entsprechend den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 27.2.2014, C-454/12 (Rz. 61-64) könne dies aber ­anders sein, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinba­rungen beruhten, die gleichermaßen für Taxi­unternehmer gälten. Denn in einem solchen Fall sei das Beförderungsentgelt in dieser Vereinbarung festgelegt und es gebe auch keine über diesen Vertrag hinausgehende Beförderungs- und Betriebspflicht.

Da sich dem Sachverhalt bislang u.a. aber nicht entnehmen ließ, ob und in welchem Umfang die Klägerin ihre Leistungen im streitbefangenen Zeitraum auf der Grundlage eines derartigen Vertrages erbracht hatte, muss das FG die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen nun im zweiten Rechtsgang nachholen.

 

Hinweis

Ebenso wie bei der vorstehend abgedruckten Entscheidung XI R 22/10 geht es im Verfahren XI R 39/10 um die Frage, ob die unterschiedliche Besteuerung der Umsätze aus der Personenbeförderung mit Taxen einerseits (mit 7 %) und Mietwagen andererseits (mit 16 % bzw. ab 2007 mit 19 %) mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 2.7.2014 – XI R 39/10

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