Leitsatz

Die geänderte Willensbetätigung zu einer wahlrechtsbezogenen Rechtsfolge (hier: Minderung von Anschaffungskosten gemäß § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG a.F.) ist nur nach Maßgabe der Regelungen zur Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG) steuerlich zugelassen, wenn sie (wie ebenfalls die ursprüngliche Wahl) in einer dem Finanzamt eingereichten Überleitungsrechnung (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV) vor der Veranlagung erfolgt.

 

Normenkette

§ 7g Abs. 2 Satz 2 EStG a.F., § 4 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 EStG, § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV

 

Sachverhalt

Am 9.12.2013 gab die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, eine Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr (2011) nebst Handelsbilanz und Überleitungsrechnung i.S.d. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV ab, in der sie die Anschaffungskosten von Windenergieanlagen, in die sie im Streitjahr investiert hatte, nicht gemäß § 7g Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG a.F. gemindert hatte.

Mit Schreiben vom 14.4.2014 reichte die Klägerin eine korrigierte Überleitungsrechnung ein und setzte darin nunmehr die Anschaffungskosten der Windenergieanlagen nach Maßgabe des § 7g Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG a.F. um 200.000 EUR herab. Dadurch änderten sich auch die AfA.

Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr unter Berücksichtigung der Beträge aus der Überleitungsrechnung vom 9.12.2013 fest. Die Einreichung der Überleitungsrechnung vom 14.4.2014 sei eine unzulässige Bilanzänderung. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Die Vorinstanz (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.2.2018, 3 K 329/15, Haufe-Index 11770907, EFG 2018, 1272) wies die Klage ab. Die Klägerin sei, nachdem sie die Überleitungsrechnung (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV) beim FA eingereicht habe, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zur Änderung des ausgeübten Wahlrechts gemäß § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. berechtigt gewesen, die im Streitfall nicht erfüllt seien.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Das Wahlrecht zur Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. konnte bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden. Dabei konnte das Wahlrecht grundsätzlich auch nachträglich noch anders ausgeübt werden als in der Steuererklärung.

2. Soweit jedoch die abweichende Ausübung des Wahlrechts bei bilanzierenden Steuerpflichtigen innerbilanzielle Auswirkungen hatte (z.B. durch Minderung der AK/HK eines aktivierten Wirtschaftsguts gemäß § 7g Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG a.F.), handelt es sich bei der nachträglichen Änderung des Bilanzansatzes um eine Bilanzänderung i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG, sodass das Wahlrecht des § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. nur anders ausgeübt werden konnte, wenn und soweit die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung erfüllt waren.

3. Dies gilt auch für den Fall, dass der Steuerpflichtige eine Handelsbilanz mit Zusätzen und Anmerkungen i.S.d. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV (sog. steuerliche Überleitungsrechnung) einreicht; auch deren Änderung ist nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG möglich.

4. Obwohl § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG erst auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses durch das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601) geändert wurde, ist die Vorschrift formell verfassungsgemäß (s. vorstehende Kommentierung zu BFH-Urteil vom 27.5.2020, XI R 8/18). Die Benachteiligung bilanzierender Steuerpflichtiger ist auch materiell verfassungsgemäß, da sie Folge der unterschiedlichen Gewinnermittlungsvorschriften ist (BFH, Urteil vom 14.2.2007, XI R 16/05, BFH/NV 2007, 1293, Rz. 31).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.5.2020 – XI R 12/18

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