Leitsatz

Die nach Kündigung eines Architektenvertrages zu zahlende Vergütung ist nur insoweit Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG, als sie auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 133, § 157 BGB, § 649 Satz 2 BGB a.F.

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein selbstständiger Landschaftsarchitekt, übernahm mit Architektenvertrag vom 23.2.2012 und 2.4.2012 für den X-Kreis die Gestaltung der Freianlagen für zwei Schulen. Dabei ging es um mehrere Bauabschnitte im Zeitraum 2012 bis 2015. Auftraggeber und Auftragnehmer konnten den Vertrag nur aus wichtigem Grund schriftlich kündigen. Ein wichtiger Grund lag vor, wenn die Baumaßnahme nicht durchgeführt oder nicht weitergeführt wird. Wurde aus einem Grund gekündigt, den der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, sollte er nach dem Vertrag für die ihm übertragenen Leistungen die vereinbarte Vergütung nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB a.F. erhalten.

Am 16.8.2016 teilte der X-Kreis dem Kläger mit, dass das Projekt Umbau V-Schule aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert wird, und bat den Kläger, eine Schlussrechnung zu erstellen. Der Kläger erteilte diese am 2.1.2017. Am 28.2.2017 wurde die Kündigung des Architektenvertrags ausgesprochen.

Am 27.3.2017 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem X-Kreis statt, in dem die Schlussrechnung erörtert wurde. Die Vertragsbeteiligten einigten sich auf eine Abgeltungsvereinbarung, nach der der Kläger für tatsächlich erbrachte Planungsleistungen ein Honorar i.H.v. 22.747,66 EUR erhielt und der X-Kreis dem Kläger darüber hinaus "ein Ausfallhonorar i.H.v. 52.252,34 EUR (ohne USt)"zahlte. Damit sollten sämtliche Ansprüche aus dem Architektenvertrag abgegolten sein. Diese Vereinbarung wurde vom X-Kreis und dem Kläger am 27.3.2017 und 4.4.2017 unterzeichnet.

Der Kläger behandelte das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen als Entgelt für einen steuerpflichtigen Umsatz. Das Ausfallhonorar sah er als nicht steuerbar an. Das FA ging davon aus, dass es sich bei dem Ausfallhonorar um die Gegenleistung für den Verzicht des Klägers auf die Erfüllung des Architektenvertrages handele. Es behandelte den Betrag von 52.252,34 EUR als Gegenleistung, aus der die USt herauszurechnen sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.2.2019, 5 K 214/18, Haufe-Index 13416287, EFG 2019, 1627).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Es stelle sich die Frage, weshalb die Beteiligten auch mit dem Ausfallhonorar eine weitere Gegenleistung für eine steuerbare Leistung vereinbart haben sollten. Sei die Aufteilung der Zahlung in zwei Bestandteile nicht ernsthaft gewollt und sollte sie nur dazu dienen, insoweit die Entstehung einer USt zu verhindern oder zu mindern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte, könne der volle Betrag als Gegenleistung anzusehen sein. Hierzu habe das FG aber (ebenso wie zur Frage einer Verzichtsleistung) keine Feststellungen getroffen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat bereits 1970 entschieden, dass die Vergütung, die der Unternehmer nach Kündigung oder vertraglicher Auflösung eines Werklieferungsvertrags vereinnahmt, ohne an den Besteller die bereitgestellten Werkstoffe oder das teilweise vollendete Werk geliefert zu haben, kein Entgelt ist (BFH, Urteil vom 27.8.1970, V R 159/66, BStBl II 1971, 6). Der BFH hält hieran wie auch die Finanzverwaltung (Abschn. 1.3 Abs. 5 UStAE) weiter fest.

2. Dementsprechend ist auch die gemäß § 648 Satz 2 BGB (§ 649 Satz 2 BGB a.F.) nach Kündigung eines Bauvertrags zu zahlende Vergütung nur insoweit Entgelt, als sie auf bereits erbrachte Leistungsteile entfällt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.8.2021 – V R 13/19

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