BMF, 27.07.1987, IV B 2 - S 2134 - 1/87

Der BFH hat in jüngster Zeit in mehreren Entscheidungen zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen eine Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen gehört. Danach hängt die Zuordnung einer Verbindlichkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen im Grundsatz von dem Anlaß ihrer Entstehung ab; eine Betriebsschuld ist grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn sie durch einen betrieblichen Vorgang ausgelöst wird. Nach den BFH-Urteilen vom 17. April 1985 (BStBl II S. 510) und 5. Juni 1985 (BStBl II S. 619) kann jedoch eine dem Privatvermögen zugeordnete Verbindlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen durch Umschuldung zu einer Betriebsschuld werden. Eine Privatschuld werde zwar nicht schon dadurch zu einer Betriebsschuld, daß sie in der Handelsbilanz als Verbindlichkeit des Betriebs ausgewiesen oder durch betrieblich genutztes Grundvermögen dinglich gesichert werde oder dadurch, daß vorhandenes Betriebsvermögen Grundlage für Entstehen und Höhe einer privaten Schuld sei; eine Umschuldung sei aber grundsätzlich dadurch möglich, daß im Betrieb vorhandenes Eigenkapital entnommen und durch Fremdkapital ersetzt werden könne.

Fälle, in denen Umschuldungen mit der Begründung der Ersetzung von Eigen- durch Fremdkapital geltend gemacht werden, sind nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt zu beurteilen:

Wird einem Betrieb ein Darlehen zugeführt und werden die Barmittel daraus innerhalb kurzer Zeit wieder entnommen, findet keine Ersetzung von Eigen- durch Fremdkapital statt, sondern eine Finanzierung von Entnahmen aus Darlehensmitteln (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1985 – BStBl II S. 512 unter d). Die Verbindlichkeit ist von Anfang an als Privatschuld zu behandeln.

Werden im Betrieb erzielte Einnahmen zur Tilgung eines privaten Darlehens entnommen und wird deshalb ein neues Darlehen zur Finanzierung von betrieblichen Aufwendungen aufgenommen, so sind die Verwendung der betrieblichen Mittel zur Tilgung der Privatschuld und die Neuaufnahme der Betriebsschuld steuerrechtlich anzuerkennen. Voraussetzung ist die Aufnahme zweier Darlehen, von denen das eine bis zur vollständigen Tilgung Privatvermögen bleibt und das andere von Anfang an zum Betriebsvermögen gehört.

Entgegen den vorgenannten BFH-Urteilen kann ein privates Darlehen nicht allein deshalb als Betriebsschuld steuerrechtlich anerkannt werden, weil im Betrieb entnahmefähige Mittel vorhanden sind. Das Darlehen kann nicht in einen (noch nicht durch entnahmefähige Mittel abgedeckten) privaten und einen (durch Änderung des Verwendungszwecks umgewidmeten) betrieblichen Teil aufgegliedert werden. Daran ändert auch die bilanzielle Behandlung der Darlehensverbindlichkeit durch den Steuerpflichtigen als Betriebsschuld nichts; denn die Frage, ob eine Schuld zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Eine Verbindlichkeit kann nicht allein durch eine Willensentscheidung des Steuerpflichtigen die Eigenschaft als Betriebs- oder Privatschuld erlangen, also grundsätzlich kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein (BFH-Urteile vom 1. Juni 1978 – BStBl II S. 618 und vom 12. September 1985 – BStBl 1986 II S. 255).

Bei betrieblichen Kontokorrentkonten, über die auch private Zahlungen abgewickelt werden (vgl. Abschnitt 14 a Abs. 3 EStR[1]), kann ausnahmsweise unterstellt werden, daß durch die laufenden Geldeingänge vorrangig die privaten Schuldenteile getilgt werden.

 

Normenkette

EStG § 4

 

Fundstellen

BStBl I, 1987, 508

[1] EStR 1990; jetztR 13 (15) EStR 1993.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge