Leitsatz

Der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen für Leistungen im Zuge der Erstellung einer kostenlos nutzbaren Touristenattraktion (hier: Hängeseilbrücke) kann dann in Betracht kommen, wenn die Eingangsleistungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer entgeltlichen Leistung (hier: Parkraumbewirtschaftung) stehen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG, Art. 168 Buchst. a EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Eine Ortsgemeinde (O) fasste 2010 einen Grundsatzbeschluss zum Bau einer Hängeseilbrücke. Mit der Brücke sollte der Tourismus in O und der Umgebung gefördert werden. 2013 beantragte O zunächst Zuschüsse zur Förderung des ländlichen Raumes. 2014 stellte sie einen Bauantrag.

2015 fasste der Gemeinderat den Beschluss, einen Besucherparkplatz für das geplante Besucherzentrum zu bauen. Den Parkplatz könnten die Besucher der geplanten Brücke nutzen. "Wildes" Parken innerhalb von O sollte vermieden werden.

Ende 2015 wurde die Brücke fertiggestellt. Der Ortsbürgermeister teilte in einer Gemeinderatssitzung mit, am Eröffnungswochenende habe der große Ansturm der Autofahrer "die Schwachstellen gezeigt". Obwohl O über fast 450 Parkplätze verfüge, sei sie "überrannt" worden. Wenn O die Besucher und diejenigen, die im Ort falsch geparkt haben, abgefangen und auf einen gebührenpflichtigen Platz geleitet hätte, wären die Einnahmen deutlich höher ausgefallen. Man habe dennoch (mit Parkuhren) 6.000 EUR an Parkgebühren eingenommen.

2016 beschloss der Gemeinderat, aufgrund dieses hohen Bedarfs einen bisher unentgeltlich nutzbaren Busparkplatz künftig gebührenpflichtig für Pkw zu überlassen und ggf. die gewährten Fördermittel zurückzuerstatten. Außerdem beschloss O eine Gebührenordnung über Parkgebühren; diese trat am 1.6.2016 in Kraft.

2017 beauftragte O den Prozessbevollmächtigten damit, alle Ausgaben und Einnahmen der letzten drei Jahre, die in Bezug zu der Brücke stünden, aufzuarbeiten. Anschließend reichte O berichtigte USt-Erklärungen für die Jahre 2013 bis 2015 und ihre USt-Erklärung 2016 beim FA ein. O machte den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Eingangsumsätzen im Zusammenhang mit der Brücke geltend. Umsätze mit Parkgebühren erklärte O erstmalig für 2015.

Das FA versagte den Vorsteuerabzug aus sämtlichen Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Brücke, da sie ohne Einnahmeerzielungsabsicht betrieben werde. Es liege eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit der O vor. Die Vorsteuern für die Errichtung des Besucherzentrums ließ das FA zu 90 % zum Vorsteuerabzug zu, da ein größerer Raum im Eingangsbereich nicht für gewerbliche Zwecke vermietet werde. Die Vorsteuern aus den Aufwendungen für die Beschilderung der Wanderwege, die Einweihung der Brücke, den Internetauftritt sowie die Öffentlichkeitsarbeit ließ es nur zur Hälfte zum Abzug zu, da O diese sowohl im Hinblick auf die nichtwirtschaftliche Tätigkeit (kostenlose Bereitstellung der Brücke) als auch auf die steuerpflichtigen Tätigkeiten (Parkraumbewirtschaftung) getätigt habe.

Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.2.2021, 3 K 1311/19, Haufe-Index 14432542, EFG 2021, 1155) gab der Klage statt. O sei mit der Erhebung von Parkgebühren unternehmerisch tätig geworden und somit Unternehmerin. Auch habe O die Leistungen zur Errichtung der Brücke für ihr Unternehmen (Parkraumbewirtschaftung) bezogen. Der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Errichtung der Brücke und den Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung ergebe sich jedenfalls auch daraus, dass die Brücke der Anlass sei, die Parkplätze überhaupt in Anspruch zu nehmen.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Das FG habe zwar zu Recht angenommen, dass aufgrund der entgeltlichen Parkplatzvermietung ein Recht zum Vorsteuerabzug bestehe. Allerdings habe die Brücke bis 2016 auch dazu gedient, unentgeltlich parkende Bustouristen anzulocken. Die Vorsteuer sei daher zunächst aufzuteilen. Allerdings sei die Vorsteuer ab der Umwidmung des Parkplatzes (zugunsten von O) nach § 15a UStG zu berichtigen, weil sich damit die unternehmerische Nutzung erhöht habe. Die Einzelheiten zu dieser Aufteilung und Berichtigung muss das FG noch feststellen.

 

Hinweis

Vorsteuerabzugsberechtigung, Vorsteueraufteilung und Vorsteuerberichtigung – gleich drei zentrale Fragen der Besteuerung der öffentlichen Hand erörtert das Besprechungsurteil. Hinzu kommen Ausführungen zur wirtschaftlichen Tätigkeit durch Überlassung von Parkflächen.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist der Unternehmer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer "für sein Unternehmen" (d.h. für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen) ausgeführt worden sind, zum Vorsteuerabzug berechtigt.

a) Dazu muss ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für eine dem Leistungsempfänger erbrachte,...

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