Leitsatz

Art. 17 Abs. 2 und 5 der 6. EG-RL vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass eine Holdinggesellschaft wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in Ergänzung ihrer Haupttätigkeit der Verwaltung von Anteilen an Gesellschaften, deren Gesellschaftskapital sie ganz oder teilweise hält, Gegenstände und Dienstleistungen bezieht, die sie anschließend den genannten Gesellschaften in Rechnung stellt, zum Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt ist, sofern die auf der Eingangsstufe bezogenen Dienstleistungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen von der Holdinggesellschaft sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt, und die nationale Steuerbehörde ist berechtigt, eine der in Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen. Wenn die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nicht wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, ist Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL nicht anwendbar, und die Methoden für den Abzug und die Aufteilung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die bei der Ausübung dieser Befugnis den Zweck und die Systematik der 6. EG-RL berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsmethode vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.

 

Normenkette

6. EG-RL Art. 17 Abs. 2 und 5, Art. 19, § 15 UStG

 

Sachverhalt

Portugal Telecom, eine Holdinggesellschaft, die technische Verwaltungs- und Managementleistungen für ihre Tochtergesellschaften ausführt, bezog im Rahmen dieser Tätigkeit (steuerpflichtige) Beratungsleistungen, die sie den Töchtern mit ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Streitig war, ob sie die gesamte Vorsteuer oder diese nur pro rata abziehen darf.

 

Entscheidung

Die Grundsätze lassen sich mit dem Leitsatz des BFH zusammenfassen: Verfügt die Holding über umfangreiche Beteiligungen, die sie ohne Bezug zu ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen hält, ist sie (entsprechend § 15 Abs. 4 UStG) nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als die Eingangsleistungen ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen wirtschaftlich zuzurechnen sind.

 

Hinweis

Die EuGH-Entscheidung enthält eine Zusammenfassung der Grundsätze zum Vorsteuerabzug einer ­Holdinggesellschaft, die eigentlich durch die Entscheidung Securenta (EuGH, Urteil vom 13.3.2008, C-437/06, BFH/NV Beilage 2008, 207) schon geklärt wurden. Gleichwohl hielt der EuGH die Vorlage für zulässig.

Keine wirtschaftliche Tätigkeit sind der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen; anders ist es, wenn die Beteiligung "mit un­mittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht", d.h. eine Holdinggesellschaft also entgeltliche (steuerpflichtige) Leistungen an die Tochtergesellschaften erbringt.

Für den Vorsteuerabzug gilt: Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang einer Eingangsleistung mit einer nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallenden Tätigkeit – wie z.B. das bloße Halten einer Beteiligung ohne Eingriffe in die Verwaltung in Form entgeltlicher Leistungen an die Tochtergesellschaft – oder mit einem steuerfreien Ausgangsumsatz, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang eines Leistungsbezugs mit (einem oder mehreren) bestimmten Ausgangsumsätzen, ist der ­Vorsteuerabzug nur insoweit zulässig, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Die Pro-Rata-Regelung in Art. 17 Abs. 5 der 6. RL betrifft – ebenso wie § 15 Abs. 4 UStG – zwar nur die Aufteilung bei einer Verwendung für steuerfreie und steuerpflichtige Tätigkeiten. Aufzuteilen ist aber auch bei Verwendung eines Leistungsbezugs, der zugleich einer steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit und einer nicht wirtschaftlichen Tätigkeit dient. Der Aufteilungsmaßstab hierfür muss objektiv widerspiegeln, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist. Die Entscheidung entspricht den Grundsätzen des BFH im Urteil vom 9.2.2012, V R 40/10 (BFH/NV 2012, 681, BFH/PR 2012, 170), der § 15 Abs. 4 UStG analog anwendet.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 6.9.2012 – C-496/11 -- Portugal Telecom SGPS SA

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